Forschung in der Abteilung Immunologie
Quelle: Paul-Ehrlich-Institut
Die Abteilung Immunologie ist für die Zulassung und Chargenfreigabe von Immuntherapeutika wie Antikörpern, Immunglobulinen oder Antiseren verantwortlich. Die Forschungsprojekte im Fachgebiet Forschung Immunologie gewährleisten eine exzellente wissenschaftlichen Expertise um eine qualitativ hochwertige Bewertung von neuartigen biomedizinischen Strategien und innovativen experimentellen Ansätzen in verschiedensten Bereichen der Immunologie sicherzustellen.
Forschungsschwerpunkte
Ein Forschungsschwerpunkt liegt in der Untersuchung der immunmodulierenden Wirkung von Adjuvanzien oder von neuartigen Arzneistoffträgern, wie Lipidnanopartikeln (lipid nanoparticles, LNPs), auf menschliche Immunzellen. Adjuvanzien werden als sogenannte Wirkstoffverstärker Impfstoffen zugesetzt, bei denen das Antigen allein nur eine mäßige oder unzureichende Immunantwort auslöst. LNP dienen zur Stabilisierung und erleichterten Aufnahme von Arzneistoffen sowie mRNA-Impfstoffen. Die Ergebnisse dieses Forschungsschwerpunkts tragen zu einem besseren Verständnis der Wirkung von Adjuvanzien und LNP bei und unterstützen uns bei der Bewertung neuer Impfstoffe während des Zulassungsverfahrens.
Außerdem analysieren wir Strategien, die von Krankheitserregern angewendet werden, um die Immunabwehr zu umgehen und ihre Entdeckung durch das Immunsystem zu verhindern. Als Modell eines intrazellulären Erregers, der menschliche Immunzellen infiziert, arbeiten wir mit den obligat intrazellulären Parasiten Leishmanien, dem Erreger der Tropenkrankheit Leishmaniose, und primären, aus menschlichem Blut gewonnenen Lymphozyten.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt auf der Untersuchung schwerer Nebenwirkungen biopharmazeutischer Arzneimittel wie monoklonaler Antikörper oder Blutgerinnungsprodukte. Dabei analysieren wir die zugrundeliegenden molekularen und zellulären immunologischen Mechanismen dieser Nebenwirkungen und betrachten dabei sowohl angeborene wie auch adaptive Immunantworten. Wir möchten aussagekräftige In-vitro-Systeme entwickeln, die dazu in der Lage sind, bekannte schwere Nebenwirkungen dieser Arzneimittel zuverlässig abzubilden. Dazu gehören die Bildung von sogenannten Anti-Drug-Antikörpern (anti-drug antibodies, ADA) oder das Vaskular-Leak-Syndrom (vascular leakage syndrome, VLS), also die pathologische Durchlässigkeit von Gefäßen.
In einem weiteren Ansatz erforschen wir die biologischen Mechanismen, die zur Bildung eines diversen T-Zell-Repertoires und dessen langfristigen Erhaltung im Organismus führen (Homöostase). Eine hohe Diversität im T-Zell-Repertoire ist essenziell, damit das Immunsystem gegen immer neue oder veränderte Krankheitserreger reagieren kann. Um diese Mechanismen zu verstehen, werden Vergleiche zwischen T-Zell-Populationen vorgenommen, die aus verschiedenen Organen stammen, von verschiedenen Individuen herrühren oder nach experimentellen Veränderungen isoliert werden. Diese Vergleiche erlauben es, Rückschlüsse auf die Mechanismen zu treffen, die das T-Zell-Repertoire beeinflussen und die darüber entscheiden, ob und welche Art einer Immunantwort ausgelöst werden kann. Dabei ist auch von Interesse, über welche Prozesse T-Zellen von unterschiedlicher Spezifität zueinander in Konkurrenz treten oder wie dies im Immunsystem so kontrolliert wird, dass ein breites T-Zell-Repertoire aufrechterhalten wird – oft, jedoch leider nicht immer, bis in ein hohes Alter.
Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit den immunmodulatorischen Effekten von endogenen Nitrofettsäuren als neuartige Entzündungsmediatoren. Nitrofettsäuren (nitro fatty acids, NFAs) sind endogen gebildete und hochpotente anti-inflammatorische Signalmoleküle auf Lipidbasis, für die bereits ausgeprägte entzündungshemmende und zellschützende Effekte in einer Vielzahl von Tierstudien nachgewiesen wurden. Sie können sowohl bei entzündlichen Prozessen im menschlichen Körper entstehen, als auch exogen mit der Nahrung aufgenommen werden. Bei der körpereigenen Bildung von NFAs werden ungesättigte Fettsäuren wie Ölsäure oder konjungierte Linolensäure durch reaktive Stickstoffspezies (z. B. NO, NO2) in einer nicht-enzymatischen Reaktion nitriert. Dabei kommt es zur Ausbildung einer reaktiven und elektrophilen Nitroolefin-Einheit, einem sogenannten Michael-Akzeptor (MA). Über diese MA-Gruppe können NFAs mit nukleophilen Seitenketten von Aminosäuren, wie Cysteinen oder Histidinen, kovalent in einer reversiblen Nitroalkylierung reagieren und so Proteinfunktionen beeinflussen. Aus diesen Studien können zum einen grundlegende Erkenntnisse über entzündliche Prozesse des Immunsystems gewonnen werden. Zum anderen können unsere Studien auch die Grundlage für neuartige immunmodulatorische und anti-entzündliche Therapien schaffen.
Leukozyten (Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten) können ihre Aufgabe zur Erkennung von körperfremden Antigenen und der Elimination von Krankheitserregern nur erfüllen, wenn sie aus dem intravasalen Raum nach extravasal in infizierte Gewebe emigrieren. Dies erfordert ihre Adhäsion an die Gefäßwand und aktive Überwindung der Endothelbarriere. Hierbei kommt es zu diversen Wechselwirkungen zwischen Leukozyten und dem Gefäßendothel, bei denen eine Reihe von Mediatoren beteiligt sind (Interleukine, chemotaktische Faktoren, Wachstumsfaktoren etc.). In einem weiteren Projekt untersuchen wir die Leukozyten-Endothel-Interaktion und deren pharmakologische Beeinflussbarkeit anhand von Modellsubstanzen, um so die Grundlage für neue (biomedizinische) Therapeutika mit Angriff an der Leukozyten-Endothel-Interaktion zu schaffen.
Forschungsschwerpunkte des Fachgebiets Forschung Immunologie.
Quelle: Paul-Ehrlich-Institut (erstellt mit BioRender.com)
Abteilungsleitung
Prof. Dr. Ger van Zandbergen
Publikationen
E-Mail: Ger.vanZandbergen@pei.de
Forschungsgruppenleitung
Apl. Prof. Dr. Thorsten Jürgen Maier
Publikationen
E-Mail: Thorsten.Juergen.Maier@pei.de
Stellvertretende Forschungsgruppenleitung
Apl. Prof. Dr. Zoe Waibler
Publikationen
E-Mail: Zoe.Waibler@pei.de
Forschungsprojekte
Immunmodulierende Wirkungen von Adjuvanzien und LNPs
- Untersuchung der immunmodulierenden Wirkung von Adjuvanzien auf primäre menschliche Zellen des angeborenen und des adaptiven Immunsystems,
- Gewinn von Erkenntnissen zu den individuellen Immunsignaturen der Adjuvanzien zum besseren Verständnis ihrer Funktion und zur Unterstützung bei der Bewertung neuer Impfstoffe während des Zulassungsverfahrens.
Wir untersuchen die Wirkung von Adjuvanzien bzw. LNPs auf die Aktivierung der für die Immunreaktion wichtigen Zellen des angeborenen Immunsystems (z. B. dendritische Zellen, Granulozyten und Makrophagen) und des erworbenen Immunsystems (z. B. T-, B- und NK-Zellen). Verschiedene Adjuvanzien stimulieren die Immunzellen auf spezifische Weise und in unterschiedlicher Stärke.
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Verantwortlicher des Forschungsprojekts
Prof. Dr. Ger van Zandbergen
Publikationen
E-Mail: Ger.vanZandbergen@pei.de
Schwere Nebenwirkungen biopharmazeutischer bzw. immunologischer Arzneimittel
Rolle der Zellen der angeborenen und adaptiven Immunität bei der Bildung von ADA bzw. bei der Immunogenität von Gerinnungsfaktor (F)VIII Produkten und Bedeutung immunologischer Gefahrensignale.
Bislang ist nicht klar, warum einige mit FVIII behandelte Patienten ADA entwickeln, während dies bei anderen nicht der Fall ist.
Quelle: Paul-Ehrlich-Institut (erstellt mit BioRender.com)
Das EU-Konsortium imSAVAR (Immune Safety Avatar; nonclinical mimicking of the immune system effects of immunomodulatory therapies) hat sich zum Ziel gesetzt, neue Konzepte zur Überprüfung immunmodulatorischer Therapien zu erarbeiten. Der Fokus liegt dabei auf der Verbesserung bestehender und der Entwicklung neuer Modellsysteme, um z. B. schwere Nebenwirkungen biopharmazeutischer Arzneimittel besser abbilden und damit vorhersagen zu können. Als Partner dieses Konsortiums widmen wir uns folgenden Fragestellungen:
- Wie tragen Immunzellen zur Ausbildung von VL bei?
- Wie interagieren Immunzellen dabei mit den Zellen des Endothels?
- Wie können wir VL in vitro abbilden?
- Was muss ein In-vitro-Assay-System leisten, um durch Biopharmazeutika induziertes VL vorhersagen zu können?
Eine Reihe von (immunologischen) Faktoren, einschließlich der Behandlung mit biopharmazeutischen Arzneimitteln, kann zum Vascular leakage führen, einer schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Durchlässigkeit von Gefäßen.
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Verantwortliche des Forschungsprojekts
Apl. Prof. Dr. Zoe Waibler
Publikationen
E-Mail: Zoe.Waibler@pei.de
Strategien der Leishmanien zur Umgehung der Immunabwehr
- Identifikation von Genen bzw. Proteinen der Parasiten, welche eine Funktion für das Überleben oder die Vermehrung dieser Parasiten in menschlichen Wirtszellen haben, potenzielle Zielstrukturen für Medikamente darstellen oder für die Entwicklung eines Impfstoffes gegen Leishmanien genutzt werden können.
- Infektionsexperimente unter Verwendung von primären menschlichen Wirtszellen des angeborenen Immunsystems, insbesondere mit Makrophagen.
- Erforschung der Auswirkungen der Infektion mit Leishmanien auch auf das erworbene Immunsystem, insbesondere auf T-Zellen.
- Untersuchung der Übertragung und Ausbreitung von Leishmanien auf neue Wirtszellen.
Des Weiteren setzen wir dieses humane Leishmaniose-Infektionsmodell ein, um die Funktionalität von verschiedenen bereits zugelassenen immun-modulierenden Antikörpern, wie Anti-Tumornekrosefaktor alpha (tumor-necrosis-factor alpha) oder von Checkpoint-Inhibitoren, zum Beispiel Programmed-Cell-Death-Protein 1 (programmed cell death protein 1, PD-1) Hemmern zu untersuchen, welche in Entzündungsprozesse oder die Immunaktivierung eingreifen.
Nach Aufnahme von Leishmanien Promastigoten in Phagozyten wandeln sich die Parasiten in die replikative amastigote Lebensform um, welche zur Krankheitsentwicklung führen. Infizierte Phagozyten können aber auch entzündungsfördernde Zytokine und Chemokine freisetzen, die andere Immunzellen (z.B. dendritische Zellen, T-, B- und NK-Zellen) aktivieren und die Infektion unter Kontrolle bringen können.
Quelle: Paul-Ehrlich-Institut (erstellt mit BioRender.com)
Verantwortlicher des Forschungsprojekts
Prof. Dr. Ger van Zandbergen
Publikationen
E-Mail: Ger.vanZandbergen@pei.de
Immunologische Grundlagen / T-Zell-Entwicklung und -Homeostase
- Erfassung des T-Zell-Repertoire von zu untersuchenden T-Zell-Populationen, wie beispielsweise von Helfer-, Killer- oder regulatorischen T-Zellen mittels Next-Generation-Sequencing (NGS),
- Vergleiche zwischen T-Zell-Populationen, die aus verschiedenen lymphatischen Organen/Geweben, von verschiedenen Individuen oder nach verschiedenen experimentellen Modifikationen isoliert wurden,
- die bioinformatische Analyse erfolgt in Kollaboration mit Spezialistinnen und Spezialisten, welche mathematische Ansätze zur Modellierung des Immunsystems entwickelt haben.
Aus diesen vergleichenden Untersuchungen können Rückschlüsse getroffen werden, wie das Immunsystem, trotz untereinander konkurrierenden Lymphozyten, ein breites T-Zell-Repertoire aufrechterhalten kann oder wie sich bei einer Immunreaktion entscheidet, in welcher Weise die Immunantwort abläuft. Darüber hinaus werden für die Arbeiten auch besondere Techniken benutzt (u. a. Gnotobiotik), um den Einfluss von Keimen, z. B. der natürlichen Darmflora (Mikrobiom), auf diese Prozesse zu verstehen.
Untersuchungen zu den immunmodulatorischen Effekten von endogenen Nitrofettsäuren und strukturell verwandten Lipidmediatoren
- Identifikation der direkten zellulären Angriffspunkte von NFAs mittels zellulärer Enzymaktivitäts- und Proteinexpressionsstudien sowie Proteomics-Methoden,
- Untersuchung der immunmodulatorischen Wirkung von NFAs in zellulären und tierexperimentellen Modellen für Entzündungsantworten und die Tumorentstehung,
- Untersuchungen zur Struktur-Wirkungsbeziehung der immunmodulatorischen Wirkung von NFAs.
Ziel unserer Forschung ist es, die vorwiegend immunmodulatorischen, aber auch anti-tumorigenen Effekte dieser endogenen Mediatoren besser zu verstehen. Daraus können zum einen grundlegende Erkenntnisse über entzündliche Prozesse des Immunsystems gewonnen werden. Zum anderen kann die Grundlage für neuartige immunmodulatorische und anti-entzündliche Therapien entstehen.
Entstehung von Nitrofettsäuren sowie Darstellung ihrer biologischen Effekte.
Quelle: Paul-Ehrlich-Institut (erstellt mit BioRender.com)
Verantwortlicher des Forschungsprojekts
Apl. Prof. Dr. Thorsten Jürgen Maier
Publikationen
E-Mail: Thorsten.Juergen.Maier@pei.de
Untersuchungen zur Leukozyten-Endothel-Interaktion und zu deren pharmakologischer Beeinflussbarkeit
- In Vorexperimenten wurde eine ausgeprägte und signifikante Hemmung der Adhäsion primärer humaner Monozyten an humane Endothelzellen durch das Sepsistherapeutikum Imipenem beobachtet.
- Unter Verwendung der Modellsubstanz Imipenem sollen grundlegende Erkenntnisse zur pharmakologischen Beeinflussbarkeit der Leukozyten-Endothel-Interaktion und zur Leukozyten-Migration erzielt werden, um so die Grundlage für neue (biomedizinische) Therapeutika mit Angriff an der Leukozyten-Endothel-Interaktion zu legen.
Untersuchungen des Effektes der Modellsubstanz Imipenem auf die Leukozyten-Endothel-Interaktion.
Quelle: Paul-Ehrlich-Institut (erstellt mit BioRender.com)
Verantwortlicher des Forschungsprojekts
Apl. Prof. Dr. Thorsten Jürgen Maier
Publikationen
E-Mail: Thorsten.Juergen.Maier@pei.de
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