Paul-Ehrlich-Institut

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Schutz vor der Blauzungenkrankheit – Paul-Ehrlich-Institut benennt drei Impfstoffe und BMEL gestattet deren Anwendung per Eilverordnung

Seit Oktober 2023 ist die Blauzungenkrankheit erstmals seit vier Jahren wieder in Mitteleuropa präsent. Der aktuell zirkulierende Serotyp 3 der Blauzungenkrankheit (BTV3) verursacht teilweise schwere Symptome bei infizierten Schafen (bis zum Tode) und Rindern (z. B. massiver Rückgang der Milchleistung). Es ist davon auszugehen, dass wetterbedingt das Infektionsgeschehen auch in Deutschland weiter zunehmen wird. Derzeit gibt es in der Europäischen Union (EU) jedoch noch keinen zugelassenen Impfstoff. Das Paul-Ehrlich-Institut hat nach einer beschleunigten Nutzen-Risiko-Bewertung drei Impfstoffe zur Prophylaxe gegen BTV3-Infektionen benannt – BULTAVO 3, BLUEVAC-3, Syvazul BTV 3 – deren Anwendung das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) per Eilverordnung zum Schutz von Schafen und Rindern für die Dauer von sechs Monaten gestattet hat, solange es keinen zugelassenen Impfstoff gibt.

Schaf wird gegen die Blauzungenkrankheit geimpft (Quelle: Leitenberger Photography/Shutterstock.com)

Zur möglichen Eindämmung des vom Blauzungenkrankheitsvirus Serotyp 3 aktuell ausgelösten Infektionsgeschehens hat das Paul-Ehrlich-Institut nach einer beschleunigten Bewertung die folgenden drei Impfstoffe benannt:

  • BULTAVO 3 – wird von Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH, Deutschland, in Verkehr gebracht
  • BLUEVAC-3 – wird von CZ Vaccines S.A.U., Spanien / CEVA Tiergesundheit GmbH, Deutschland, in Verkehr gebracht
  • Syvazul BTV 3 – wird von Laboratorios Syva S.A., Spanien / Virbac Tierarzneimittel GmbH, Deutschland, in Verkehr gebracht

Diese Unternehmen und die Impfstoffhersteller haben bereits Erfahrung in der Herstellung von BTV-Impfstoffen. Sie besitzen ein gültiges GMP-Zertifikat. Die Herstellung der Impfstoffe erfolgt also nach den Grundsätzen der guten Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice, GMP).

Die Eilverordnung gestattet die Anwendung der Impfstoffe zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten, d.h. bis zum 06.12.2024 einschließlich. Sie gilt nur so lange kein Impfstoff zugelassen wurde.

Die BTV3-Impfstoffe sind inaktivierte Impfstoffe, d.h. sie enthalten kein vermehrungsfähiges Virus. Um eine ausreichend gute Immunantwort im geimpften Tier zu erzielen, enthalten sie die seit langem bewährte Kombination der Adjuvanzien Aluminiumhydroxid und Saponin (Quil A). Für die BTV3-Impfstoffe ist keine Wartezeit festgelegt.

Da es sich bei den Impfstoffen um Mehrdosenbehältnisse handelt, ist ihnen Thiomersal als Konservierungsmittel zugesetzt. Dies soll ein potenzielles bakterielles Wachstum in dem Zeitraum vermeiden, der vom Öffnen der Impfstoffflasche bis zur Verimpfung der letzten Dosis zwangsläufig vergeht. Die verwendete Menge an Thiomersal entspricht der in zahlreichen anderen Impfstoffen für Schafe und Rinder verwendeten Menge.

Rinder, Ziegen und Wildwiederkäuer erkranken weniger häufig an der Blauzungenkrankheit als Schafe

Die Blauzungenkrankheit ist eine nicht-kontagiöse, also nicht direkt von Tier zu Tier übertragbare Viruserkrankung, für die insbesondere Schafe, Ziegen, Rinder und Wildwiederkäuer empfänglich sind. Die Übertragung erfolgt durch kleine blutsaugende Mücken, den Gnitzen. Für den Menschen ist das Virus der Blauzungenkrankheit ungefährlich.

Derzeit sind mindestens 24 Serotypen des Virus der Blauzungenkrankheit bekannt. Je nach Tierart und Serotyp zeigt sich die Krankheit auf unterschiedliche Weise. So leitet sich der Name der Blauzungenkrankheit von den typischen Symptomen bei schwerem Krankheitsverlauf in Schafen ab.

Nach einer Inkubationszeit von nur wenigen Tagen kommt es bei hohem Fieber zu Schwellungen der Kopfschleimhäute und entzündlichen Veränderungen der Mund- und Nasenschleimhäute sowie zu einer Blaufärbung der ebenso stark geschwollenen Zunge. Diese Verfärbung wird allerdings nicht regelmäßig beobachtet. Schmerzhafte Entzündungsprozesse im Bereich der Klauen führen zu Lahmheiten.

Rinder, Ziegen und Wildwiederkäuer erkranken nicht so häufig wie Schafe und in der Regel milder. Bei schwerer Verlaufsform zeigen sie jedoch ein ähnliches Krankheitsbild wie beim Schaf.

Seit Herbst 2023 wurde das Virus der Blauzungenkrankheit des Serotyps 3 (BTV3) in Europa, insbesondere in den Niederlanden, in Belgien und einigen Bundesländern in Deutschland festgestellt (Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen und in Rheinland-Pfalz).

Dieses BTV3-Infektionsgeschehen geht mit erheblichen Schmerzen und Leiden bei den betroffenen Tieren einher, wie aus stark betroffenen Ländern wie den Niederlanden berichtet wurde. Bei Schafen treten teilweise schwere Symptome bis hin zum Tod auf. Bei Rindern kommt es u.a. zu einem massiven Rückgang der Milchleistung. Dies führt letztlich zu hohen wirtschaftlichen Verlusten, die durch diese Krankheit verursacht werden.

Meldung von unerwünschten Ereignissen nach Anwendung der Impfstoffe

Das Paul-Ehrlich-Institut erfasst zentral Meldungen zu unerwünschten Ereignissen (UE) nach der Anwendung von Impfstoffen in der Veterinärmedizin und bewertet diese (Pharmakovigilanz). Dies gilt auch für Meldungen im Zusammenhang mit den Impfungen gegen BTV3. Das Ziel dieser Bewertung ist es, angesichts der Notfallsituation und der noch wenigen verfügbaren Daten das Nutzen-Risiko-Verhältnis der nicht zugelassenen BTV3-Impfstoffe, sofern sachgemäß angewendet, zu analysieren.

Meldungen zum Verdacht eines unerwünschten Ereignisses nach der Anwendung von BTV3-Impfstoffen können, wie auch bei allen Impfstoffen in der Veterinärmedizin, strukturiert über das Online-Meldeportal erfolgen oder direkt per E-Mail
(vetmittelsicherheit@pei.de) dem Paul-Ehrlich-Institut mitgeteilt werden.

Aktualisiert: 21.06.2024