Paul-Ehrlich-Institut

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Frage der mikrobiologischen Sicherheit bei der Xenotransplantation noch nicht geklärt

6 / 1999

"Diese Studie ist interessant und wichtig für alle, die sich mit den Chancen und Möglichkeiten der Xenotransplantation beschäftigen, aber ich kann den Optimismus von Novartis nicht ganz teilen, wir hättten damit die mikrobiologischen Probleme gelöst". Mit diesen Worten kommentierte Prof. Dr. Reinhard Kurth, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts in Langen eine Studie, die in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science veröffentlicht wurde. In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass auch nach mehreren Jahren weder Antikörper gegen endogene Retroviren des Schweins (PERV) noch die Viren selbst in Patienten nachgewiesen werden konnten, die beispielsweise Schweinezellen injiziert bekamen oder die über den Blutkreislauf direkten Kontakt mit Schweineorganen hatten. Kurth betonte, dass noch weitere Untersuchungen zu anderen Erregern, wie beispielsweise Herpesviren des Schweins, notwendig seien, bevor man mit klinischen Studien beginnen dürfe, bei denen ganze Organe übertragen würden. "Außerdem", so Prof. Kurth, "macht es einen erheblichen Unterschied, ob Sie kurzzeitig mit Zellen des Schweins in Berührung kommen, oder aber für viele Jahre ein Organ in sich tragen. Diese Studie hat also keine für die Xenotransplantation realistischen Bedingungen gehabt."

Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen von Dr. Joachim Denner und Dr. Ralf Tönjes vom Paul-Ehrlich-Institut, die gemeinsam die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Xenotransplantation leiten, untermauern diesen Einwand von Reinhard Kurth. Sie konnten zeigen, dass PERVs, die von Schweinezellen freigesetzt werden, menschliche Zellen infizieren können. Sollten sich diese Viren dann im Transplantatempfänger vermehren, könnten sie wie die meisten Retroviren Tumore und Immunschwächen hervorrufen. Allerdings benötigen die Viren bis zu 30 Tage für die Infektion menschlicher Zellen. "Damit unterscheidet sich die Situation bei der Übertragung ganzer Schweineorgane wesentlich von den in der Studie untersuchten Fällen. Der von uns beobachtete Infektionszeitraum ist sehr viel länger, als der Zeitraum, in dem die Patienten in der Studie mit Zellen von Schweinen in Kontakt waren - aber er ist sehr viel kürzer, als ein Organ im Empfänger verbleiben soll", erläutert Joachim Denner.

Auch wenn die Studie wichtig und interessant ist für die Planungen, Organe des Schweins auf den Menschen zu übertragen, sollten nach Meinung des Paul-Ehrlich-Instituts einige Punkte beachtet werden, die in der Studie nicht berücksichtigt werden konnten. Sie zeigen, dass trotz der Ergebnisse der Studie noch eine Infektionsgefahr für Empfänger von Xenotransplantaten gegeben ist:

  1. Wird ein ganzes Organ übertragen, bedeutet dies, dass wesentlich mehr Zellen unterschiedlicher Natur übertragen werden, als dies bei den Patienten der Studie der Fall gewesen ist.
  2. Ziel einer erfolgreichen Xenotransplantation ist es, dass das Organ langfristig im Empfänger verbleibt, nicht abgestoßen wird. Möglicherweise enthaltene Krankheitserreger haben dann aber auch lange Zeit, die menschlichen Zellen zu infizieren. In der Studie gab es immer nur kurzfristige Kontakte mit den Schweinezellen, einige Stunden bis Tage.
  3. Das Immunsystem der Empfänger von Spenderorganen wird stark unterdrückt, was es möglichen Krankheitserregern erleichtert, den Empfänger zu infizieren.

Die Organe, die bei der Xenotransplantation übertragen werden sollen, sind gentechnisch verändert, an den Menschen angepasst (humanisiert). Werden diese Organe übertragen, wird ein wichtiges Abwehrsystem des Menschen, das Komplementsystem hinsichtlich der Virusabwehr ausgeschaltet.

Abschließend stellt Prof. Kurth fest: "Wir wollen auf keinen Fall die Forschung zur Xenotransplantation hemmen - ganz im Gegenteil sind wir der Meinung, dass es wichtig ist, sich weiterhin intensiv mit den Fragen der mikrobiologischen Sicherheit bei der Xenotransplantation auseinanderzusetzen."

Einige der Forschungsergebnisse von Dr. Denner und Dr. Tönjes wurde auf dem zweiten Symposium Xenotransplantation am 16. April 1999 im Paul-Ehrlich-Institut in Langen vorgetragen. Eine Zusammenfassung der Vorträge können Sie hier als pdf-Datei herunterladen:

  • Zusammenfassung Vortrag Dr. Joachim Denner
  • Zusammenfassung Vortrag Dr. Ralf Tönjes

Pressekontakt:
Paul-Ehrlich-Institut
Pressestelle
Dr. Susanne Stöcker, Dörte Ruhaltinger
Paul-Ehrlich-Straße 51-59
63225 Langen
GERMANY
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Telefax: +49 6103 77 1262
E-Mail: Presse@pei.de

Aktualisiert: 20.08.1999