Paul-Ehrlich-Institut

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'Bluttransfusion ist ein Prozess, nicht ein Produkt'

9a / 2001

Mit dieser Aussage überbrachte Dr. Sunny Dzik vom Massachussettes General Hospital den Teilnehmern des Internationalen Symposiums 'Advances in Transfusion Safety - 2001', schon zu Beginn der Veranstaltung eine Botschaft, die sich auch in der Bandbreite der vorgetragenen Themen wiederspiegelte. Am Donnerstag und Freitag, 7. und 8. Juni 2001 hatten sich knapp 200 internationale Experten im Paul-Ehrlich-Institut in Langen getroffen, um über Fortschritte in der Transfusionsmedizin zu berichten, vor allem aber auch, um offene Fragen und Probleme zu diskutieren.

Dzik betonte in seinem Vortrag, dass in die Sicherheitsbewertung von Bluttransfusionen die gesamte Kette von Spenderauswahl und Spendertestung, über Blutentnahme, Herstellung, Lagerung, Transport und insbesondere die richtige Anwendung einbezogen werden müsse. Im Hinblick auf die Virussicherheit seien bereits enorme Fortschritte erzielt worden. "Das zahlenmäßig größte Risiko sind heute nicht mehr die Viren, sondern beispielsweise Fehltransfusionen, die aus Verwechslungen von Patienten oder Proben resultieren können", so Dzik.

Dr. Danielle Rebibo vom französischen Blutspendedienst berichtete, dass auch in Frankreich Virusinfektionen nur noch sehr selten beobachtet würden, häufiger seien Fehltransfusionen und Verunreinigungen mit Bakterien. Seit 1994 sei es Pflicht, Nebenwirkungen von Transfusionen innerhalb von 8 Stunden zu melden.

Prof. W.G. van Aken, der Präsident der EPFA (European Plasma Fractionating Association) betonte in seinem Vortrag die Notwendigkeit von Qualitätssicherungssystemen im Blutspendewesen und auch bei der Anwendung von Blutprodukten. In Deutschland schreibt das Transfusionsgesetz solche Qualitätssicherungssysteme bereits vor. Diese erfordern unter anderem, Daten über Gewinnung, Anwendung und Verbrauch von Blut zu sammeln, sowie über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen. Notwendig sei aber vor allem, so van Aken, diese Daten auszuwerten, Risikoabschätzungen vorzunehmen und Verbesserungsmöglichkeiten zu erarbeiten. "Fehltransfusionen sind ohne Ausnahme vermeidbar", so das Resümé von Prof. van Aken.

Im zweiten Vortragsblock berichteten Prof. Reinhard Kurth, Präsident des Robert Koch-Instituts und Dr. Philip D. Minor von der britischen Schwesterbehörde des Paul-Ehrlich-Instituts, NIBSC in London, über neue Erkenntnisse zu Infektionskrankheiten, die auch im Blutspendewesen eine Rolle spielen könnten. Kurth wies darauf hin, dass es seit dem 2. Weltkrieg rund 45 neue Infektionskrankheiten entdeckt worden seien. Trotz aller Fortschritte in der Medizin seien die Risiken viele dieser Krankheiten 'man-made-risks', bedingt durch den Lebensstil und die gewachsene Mobilität.

Philip Minor berichtete, dass man die Gefährdung durch sogenannte umhüllte Viren, zu denen HIV sowie das Hepatitis B (HBV) und das Hepatitis C Virus (HCV) gehören, in den letzten Jahren sehr weit habe zurückdrängen können. Im Auge behalten müsse man die Prionen, die für BSE und die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung verantwortlich gemacht werden.

Erfahrungen aus Deutschland, Japan und den USA mit dem direkten Virusnachweis von HIV, HBV und HCV waren Thema des dritten Vortragsblocks. So konnte Prof. Erhard Seifried vom DRK Blutspendedienst in Hessen berichten, dass in Deutschland keine Übertragungen mit dem Hepatitis C Virus mehr beobachtet wurden, seit das Paul-Ehrlich-Institut im Jahr 1999 den direkten Virusnachweis mit einer Nukleinsäureamplifikationstechnik (NAT) angeordnet hat(innerhalb dieses Textes sind die entsprechenden Anordnungen für Konzentrate von roten Blutkörperchen und von Blutplättchen verlinkt). Allein beim Deutschen Roten Kreuz habe diese Technik zahlreiche Virusübertragungen verhindert: 21 mit HBV, 13 mit HCV und 2 mit HIV. Problematisch seien jedoch die sehr hohen Kosten des Verfahrens.

Den Abschluss des ersten Tages bildeten Vorträge zu bakteriellen Verunreinigungen von Blut. Nach Ansicht von Prof. Morris Blajchmann von der McMaster University in Ontario wird dieses Problem häufig unterschätzt. Nach seinen Erfahrungen gebe es beispielsweise 1 Todesfall auf 200.000 Empfänger eines Konzentrates von Blutplättchen (Thrombozyten). "Dazu kommt, dass wir mit dem Problem des Underreporting zu kämpfen haben, so dass diese Zahl sicher nur die Spitze des Eisbergs ist", so Blajchman.

Dr. Thomas Montag-Lessing vom Paul-Ehrlich-Institut berichtete von Anstrengungen, die in Deutschland unternommen werden, um dieses Problem zu minimieren. So arbeiten inzwischen alle Blutspendedienste nach einem Leitfaden 'Mindestanforderungen für Sterilitätstestung', der gemeinsam vom Paul-Ehrlich-Institut, dem Arbeitskreis Blut am Robert Koch-Institut und der Bundesärtzekammer erarbeitet wurde. Eine Studie nach Einführung des Leitfadens habe gezeigt, dass die Anzahl verunreinigter Transfusionen zurückgegangen sei. Montag-Lessing betonte, dass Sterilitätstestung kein Screening im herkömmlichen Sinne sei, sondern eine regelrechte Qualitätskontrolle der Blutabnahme und der Herstellung.

Der Freitagvormittag war den Prionen-Erkrankungen gewidmet sowie Berichten über Fortschritten bei Verfahren zur Virusinaktivierung und Statements pro und contra Leukozytendepletion.

Dr. Nora Hunter vom Institut für Tiergesundheit in Edinburgh berichtete ausführlich über den Versuch, BSE über eine Bluttransfusion von einem Schaf auf ein anderes zu übertragen (Lancet, Vol 356, S. 999. 2001). Eine endgültige Auswertung sei derzeit allerdings noch nicht möglich, so Hunter. Auf breites Interesse stieß auch der Vortrag von Dr. David M. Asher von der US-amerikanischen CBER (Center for Biologics Evaluation and Research) in Rockville, Maryland, zu bestehenden und neu entwickelten Diagnosemöglichkeiten von Prionenerkrankungen. Asher wies insbesondere auf die sogenannten Surrogat-Tests hin, bei denen man nicht die Prionen selbst nachweist, sondern Veränderungen anderer Laborwerte bestimmt werden.

Den Abschluss des Symposiums bildet ein Vortrag von Prof. Rainer Storb vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle, USA zu den Perspektiven, die hämatopoetische Stammzellen für die Immuntherapie bieten können.

Das Symposium 'Advances in Transfusion Safety - 2001' wurde gemeinsam veranstaltet vom Paul-Ehrlich-Institut, der IABs (International Association for Biologicals), vertreten durch ihren Präsidenten, Dr. John Petricciani, und der Royal Society of Medicine, vertreten durch ihren Dekan, Dr. Jack Tinker. Es war bereits das zweite Symposium mitdieser Thematik. Das erste hatte 1999 in San Francisco stattgefunden.

Pressekontakt:
Paul-Ehrlich-Institut
Pressestelle
Dr. Susanne Stöcker, Dörte Ruhaltinger
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Aktualisiert: 08.06.2001