Paul-Ehrlich-Institut

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Zur Bereitstellung und Optimierung unseres Webauftritts möchten wir gerne statistische Informationen vollständig anonymisiert erfassen und analysieren. Dürfen wir hierzu vorübergehend einen Statistik-Cookie setzen?

Sie können Ihre Einwilligung jederzeit in unserer Datenschutzerklärung widerrufen.

OK

Mit einem künstlich zusammengesetzten kleinen Virusfragment auf dem Weg zu einem Chikungunya-Impfstoff?

06 / 2015

Das von Stechmücken übertragene Chikungunya-Virus, Verursacher des Chikungunya-Fiebers, breitet sich immer weiter aus. Einen Impfstoff gibt es bisher nicht. Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts haben Segmente des Virus-Oberflächenproteins E2 experimentell rekombiniert und so künstliche Proteine geschaffen. Mit der von ihnen erzeugten Domäne "sAB+" ließ sich im Tiermodell erfolgreich eine schützende Wirkung gegen das Chikungunya-Virus erzeugen. Die Immunisierung mit diesem kleinen Eiweißfragment könnte daher einen geeigneten Ansatz für die Entwicklung eines Chikungunya-Impfstoffes bieten. Über die Forschungsergebnisse berichtet PLoS Neglected Tropical Diseases in seiner Online-Ausgabe vom Abend des 23.04.2015.

Das Chikungunya-Virus (CHIKV) wird durch Aedes-Stechmücken übertragen und löst beim Menschen eine als Chikungunyafieber bekannte Infektionskrankheit aus. CHIKV kommt vor allem in den Tropen und Subtropen vor und hat bereits Epidemien in Afrika, in Gebieten des Indischen Ozeans, in Südostasien sowie inzwischen auch in der Karibik, Mittel- und Südamerika ausgelöst. Es wird geschätzt, dass bisher etwa 1,2 Millionen Menschen bei der Epidemie in Amerika infiziert wurden. Da die Mücke Aedes albopictus (Asiatische Tigermücke) inzwischen auch im Süden Europas und der USA vorkommt, muss eine weitere Ausbreitung des Virus in Betracht gezogen werden. Nach Rückkehr aus einem Endemiegebiet müssen Blutspender gemäß Anordnung des Paul-Ehrlich-Instituts von 2007 derzeit für mindestens zwei Wochen von der Spende zurückgestellt werden, um eine Infektion über das Blut zu verhindern.

Die Erkrankung ist durch Fieber und starke Gelenkbeschwerden gekennzeichnet, was zu ihrem Namen – Chikungunya = der gekrümmt Gehende – führte. In 30 bis 40 Prozent der Fälle können die Gelenkschmerzen über Monate oder sogar Jahre andauern. Bisherige Versuche, geeignete Impfstoffe zu entwickeln, blieben erfolglos. Für die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffs ist es von entscheidender Bedeutung, eine geeignete Antigenstruktur des Virus zu identifizieren, die eine wirksame Immunantwort beim Menschen auslöst. Bisherige Ansätze benutzten das gesamte E2-Oberflächenprotein als Impfstoffbasis, teilweise in Kombination mit weiteren Virusproteinen. Allerdings handelt es sich hierbei um eine relativ große Proteinstruktur, was eine kommerzielle Impfstoffproduktion erschweren würde.

Forscher um Prof. Barbara Schnierle, Leiterin des Fachgebiets "AIDS, neue und neuartige Erreger" der Abteilung "Virologie" des Paul-Ehrlich-Instituts, gingen der Frage nach, ob nicht auch kleine spezifische und weniger aufwendig herzustellende Abschnitte von E2 ausreichen, um eine schützende Immunantwort auszulösen. Auf Basis der dreidimensionalen Struktur des Proteins wählten die PEI-Forscher verschiedene oberflächenexponierte Bereiche aus und fügten sie zu mehreren künstlichen Proteinfragmenten zusammen. Nach Produktion in E.coli und Aufreinigung wurden Mäuse mit diesen Proteinabschnitten immunisiert und später das Blut der Tiere auf neutralisierende Antikörper untersucht. Ein als sAB+ bezeichnetes Fragment induzierte hierbei am wirkungsvollsten neutralisierende Antikörper. Es wurde zur Immunisierung von Mäusen eingesetzt, die anschließend mit dem Wildtyp-Chikungunya-Virus infiziert wurden. Im Vergleich zu nicht geimpften Tieren wiesen die behandelten Mäuse deutlich weniger Virus-RNA im Blut auf – Zeichen eines partiellen Immunschutzes. "Unsere Forschungsarbeiten weisen darauf hin, dass auch einzelne und künstlich zusammen­gesetzte Abschnitte des Chikungunya-Oberflächenproteins ausreichen könnten, um eine partiell schützende Immunantwort gegen das Chikungunya-Virus zu induzieren. Wir halten unseren Impfstoffansatz für vielversprechend für die Weiterentwicklung", erläutert Schnierle die Forschungsergebnisse.

Die dreidimensionale Struktur des Chikungunya-Virus E2 Hüllproteins. Die rot markierten Bereiche wurden für die verschiedenen Impfstoffansätze verwendet. Die dreidimensionale Struktur des Chikungunya-Virus E2 Hüllproteins. Die rot markierten Bereiche wurden für die verschiedenen Impfstoffansätze verwendet. Quelle: www.rcsb.org/pdb/explore/explore.do?structureId=3N44

Originalpublikation

Weber C, Büchner SM, Schnierle BS (2015): A Small Antigenic Determinant of the Chikungunya Virus E2 Protein Is Sufficient to Induce Neutralizing Antibodies which Are Partially Protective in Mice.
PLOS Negl Trop Dis 9: e0003684.
Online-Abstract

DOI:10.1371/journal.pntd.0003684

Pressekontakt:
Paul-Ehrlich-Institut
Pressestelle
Dr. Susanne Stöcker, Dr. Corinna Volz-Zang, Brigitte Morgenroth
Paul-Ehrlich-Straße 51-59
63225 Langen
GERMANY
Telefon: +49 6103 77 1030
Telefax: +49 6103 77 1262
E-Mail: Presse@pei.de

Das Paul-Ehrlich-Institut in Langen bei Frankfurt am Main ist als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel eine Bundesoberbehörde im Geschäfts­bereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Es erforscht, bewertet und lässt bio­medizinische Human-Arzneimittel und immunologische Tierarzneimittel zu und ist für die Genehmigung klinischer Prüfungen sowie die Pharmakovigilanz – Erfassung und Bewertung möglicher Nebenwirkungen – zuständig.

Die staatliche Chargenprüfung, wissenschaftliche Beratung/Scientific Advice und Inspektionen gehören zu den weiteren Aufgaben des Instituts. Unverzichtbare Basis für die vielseitigen Aufgaben ist die eigene experimentelle Forschung auf dem Gebiet der Biomedizin und der Lebenswissenschaften.

Das Paul-Ehrlich-Institut mit seinen rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nimmt zudem Beratungsfunktionen im nationalen (Bundesregierung, Länder) und inter­nationalen Umfeld (Weltgesundheitsorganisation, Europäische Arzneimittel­behörde, Europäische Kommission, Europarat und andere) wahr.

Aktualisiert: 24.04.2015