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Protein- statt Gentransfer: neuer Ansatz für Impfstoffe?

09 / 2015

Forschern des Paul-Ehrlich-Instituts ist es in Kooperation mit Wissen­schaftlern aus Hannover gelungen, mithilfe eines neuartigen lentiviralen Vektors Proteine (statt Gene) gezielt in ausgewählte Immunzellen zu übertragen. So konnten die Wissenschaftler spezifisch Immuneffektorzellen (CD8-positive T-Zellen) auf die Erkennung bestimmter Antigene ausrichten und scharf schalten. Diese Methode könnte zur Bekämpfung von Tumorzellen genutzt werden. Der neue Ansatz, Proteine statt Gene zu transferieren, hat den Vorteil, dass Immunzellen ohne genetische Modifikation spezifisch aktiviert werden. Über die Forschungs­ergebnisse berichtete das Journal of Virology in seiner Online-Ausgabe vom 17.06.2015.

Lentiviraler Proteintransfervektor (elektronenmikroskopische Aufnahme) Lentiviraler Proteintransfervektor (elektronenmikroskopische Aufnahme) Quelle: PEI

Lentivirale Vektoren sind modifizierte Virus­partikel, die dazu genutzt werden, genetisches Material in Zellen zu schleusen, um so beispielsweise erblich bedingte Krankheiten und Krebs zu behandeln. Ein Problem dabei: Mit Gentransfervektoren übertragene therapeutische Gene rufen unter Umständen unerwünschte Mutationen im Erbgut der Zielzellen hervor. Diese können ein erster Schritt zu einer krebsartigen Entartung der genetisch modifizierten Zellen sein.

Dieses Risiko haben jetzt Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) um Dr. Michael Mühlebach, Leiter des Fachgebiets "Produktprüfung immunologischer Tierarzneimittel" der Abteilung Veterinärmedizin des Paul-Ehrlich-Instituts, in Zusammenarbeit mit weiteren Forschungsgruppen im PEI sowie in Kooperation mit Wissenschaftlern aus Hannover umgangen: An Stelle von therapeutischen Genen, die erst in der Zielzelle in Proteine übersetzt werden, transferierten die Forscher mittels neuer lentiviraler Vektorpartikel direkt Proteine. Die übertragenen Proteine waren in diesem Fall Antigene (bestimmte immunologisch relevante Proteine) zur Aktivierung von Immunzellen. Die Idee dahinter: Die Aufnahme, Verarbeitung und Präsentation der Antigene aktiviert das Immunsystem zur Erkennung und Abtötung von (Tumor-)Zellen, die dieses Antigen tragen.

Um die Proteine in die gewünschten Immunzellen zu transferieren, bauten die Forscher lentivirale Vektoren so um, dass sie gezielt nur solche Zellen ansteuern, die den sogenannten SLAM-Rezeptor tragen (SLAM steht für signaling lymphocyte activation molecule). SLAM befindet sich auf stimulierten Lymphozyten und antigenpräsen­tierenden Zellen.

Die Forscher konnten nachweisen, dass die gewünschten Proteine in die Vektorpartikel aufgenommen wurden und die Vektorpartikel tatsächlich gezielt Zellen ansteuerten, die SLAM tragen. Auch konnten sie zeigen, dass die Proteine in die Zielzellen übertragen wurden. Transferierten die Forscher mit ihren Proteintransfer-Vektoren gezielt Antigene in Immunzellen, aktivierten diese wiederum CD8-positive T-Zellen. Spezifisch aktivierte T-Zellen können antigentragende Tumorzellen abtöten. Somit könnte dieses neue Verfahren, mit lentiviralen Vektoren gezielt Proteine in Immunzellen zu übertragen, geeignet sein, als (Tumor-)Impfstoff eingesetzt zu werden.

Um die Wirksamkeit ihrer Methode zu überprüfen, behandelten die Wissenschaftler Mäuse mit dem potenziellen Impfstoff. Die Mäuse entwickelten eine starke Immun­antwort, wie sie nach einer Impfung gewünscht wird. "Die Induktion der antigen­spezifischen CD8-positiven T-Zellen ist eine Eigenschaft, die insbesondere in der Immuntherapie von Krebs­erkrankungen, aber auch von bestimmten Infektions­krankheiten oder Allergien erwünscht wird. Die vergleichsweise starke Immunantwort lässt vermuten, dass die Methode wirksam zur Bekämpfung antigentragender Krebs­zellen eingesetzt werden könnte", erläutert Mühlebach.

Originalpublikation

Uhlig KM, Schülke S, Scheuplein VA, Malczyk AH, Reusch J, Kugelmann S, Muth A, Koch V, Hutzler S, Bodmer BS, Schambach A, Buchholz CJ, Waibler Z, Scheurer S, Mühlebach MD (2015): Lentiviral protein transfer vectors are an efficient vaccine-platform inducing strong antigen-specific cytotoxic T cell response.
J Virol 89: 9044-9060.
Online-Abstract

Pressekontakt:
Paul-Ehrlich-Institut
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Dr. Susanne Stöcker, Dr. Corinna Volz-Zang, Brigitte Morgenroth
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Das Paul-Ehrlich-Institut in Langen bei Frankfurt am Main ist als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel eine Bundesoberbehörde im Geschäfts­bereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Es erforscht, bewertet und lässt bio­medizinische Human-Arzneimittel und immunologische Tierarzneimittel zu und ist für die Genehmigung klinischer Prüfungen sowie die Pharmakovigilanz – Erfassung und Bewertung möglicher Nebenwirkungen – zuständig.

Die staatliche Chargenprüfung, wissenschaftliche Beratung/Scientific Advice und Inspektionen gehören zu den weiteren Aufgaben des Instituts. Unverzichtbare Basis für die vielseitigen Aufgaben ist die eigene experimentelle Forschung auf dem Gebiet der Biomedizin und der Lebenswissenschaften.

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Aktualisiert: 24.06.2015