Paul-Ehrlich-Institut

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3. PEI-DKTK-Workshop – Innovative Krebstherapien im Fokus

02 / 2016

Die adoptive Immuntherapie mit CAR- und TCR-T-Zellen stellt ein inno­vatives Therapiekonzept zur Behandlung von Krebserkrankungen dar. Sie hat in klinischen Prüfungen insbesondere bei Leukämien eindrucksvolle Behandlungserfolge erzielt. In einem Workshop tauschten sich rund 100 Experten des DKTK (Deutsches Konsortium für Translationale Krebs­forschung), der Landesbehörden und des Paul-Ehrlich-Institut aus. Einigkeit bestand darin, dass auch in Deutschland dieser Therapieansatz mit allen Kräften vorangetrieben werden soll.

Genetisch modifizierte CAR ("chimeric antigen receptor")- und TCR ("T-cell receptor")-T-Zellen gehören zu den vielversprechendsten Tumortherapien und befinden sich derzeit auch in Deutschland in der klinischen Erprobung. In einigen klinischen Prüfungen haben sie bei Patienten mit unterschiedlichen Krebserkrankungen eine teilweise sehr gute Wirksamkeit gezeigt, bei denen andere Therapien versagt hatten. Teilweise führten sie sogar zur vollständigen Remission und dem Fehlen sichtbarer Tumorzeichen [1]. Allerdings war die Behandlung teilweise mit schweren Nebenwirkungen verbunden.

Diese Arzneimittel werden in Form einer Zelltherapie/Gentherapie-Kombination eingesetzt (s. Hintergrund) und sind hochkomplex. Entsprechend hoch sind die Herausforderungen bei der Herstellung der Prüfarzneimittel, ihrer vorklinischen Testung an Tiermodellen und die Überführung der Forschungsergebnisse in die klinische Prüfung am Menschen. Derzeit finden in den USA rund zehn Mal mehr klinische Prüfungen mit diesen Substanzen statt als in Europa. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das in Deutschland für die Genehmigung von klinischen Prüfungen mit diesen biomedizi­nischen Arzneimitteln zuständig ist, bietet mit seinem Innovationsbüro eine frühe wissenschaftliche Beratung von Entwicklern an, um dazu beizutragen, dass potenziell wirksame Substanzen zügig den Weg in die klinische Erprobung nehmen. Zudem ist das PEI strategischer Partner des DKTK – Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung. Das DKTK mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und sieben Partnerstandorten hat zum Ziel, die Kräfte in der Krebsforschung zu bündeln und mit den Krebstherapiezentren Deutschlands als Partner neue Entwick­lungen schnell in die klinische Anwendung und zum Patienten zu bringen. "Für die Ärzte und Wissenschaftler des DKTK ist das Paul-Ehrlich-Institut mit seiner Expertise ein sehr wichtiger Partner, um zukunftsweisende Immuntherapien schneller in die klinische Praxis überführen zu können. Eine zügige Entwicklung innovativer Behandlungs­methoden kann nur gelingen, wenn Wissenschaftler und Regulatoren intensiv zusammenarbeiten", erläutert Priv.-Doz. Dr. Dirk Nettelbeck, Wissenschaftlicher Koordinator DKTK.

Schon zum dritten Mal innerhalb eines Jahres trafen sich am 2. Februar 2016 im Paul-Ehrlich-Institut Experten im Rahmen eines PEI-DKTK-Workshops, um aktuelle wissenschaftliche und regulatorische Aspekte zu diskutieren, die für die Überführung von Forschungsergebnissen in die klinische Prüfung am Menschen (Translation) wichtig sind. "Wir freuen uns sehr, dass sich auch Vertreter der Länderbehörden aktiv an der Veranstaltung beteiligt haben. Sie sind unter anderem für die Erteilung der Herstellungserlaubnis für diese neuartigen Arzneimittel zuständig und ein frühzeitiger Dialog auch mit ihnen hilft, Fallstricke zu vermeiden", erläutert Dr. Martina Schüßler-Lenz, Fachgebiet Arzneimittel für neuartige Therapien, Gewebezubereitungen, des Paul-Ehrlich-Instituts und Mitorganisatorin des Workshops. Dieses Mal standen die CAR-/TCR-T-Zellen als innovative Therapeutika im Mittelpunkt. "In ersten klinischen Prüfungen haben sich diese neuen Therapien bereits als sehr erfolgreich erwiesen. Wichtig ist es, diese Wirkstoffe weiterzuentwickeln und in klinischen Prüfungen zu untersuchen, welche Patienten davon profitieren können. Hierfür müssen dringend die Rahmenbedingungen in Deutschland verbessert werden, denn häufig können klinische Studien wegen fehlender finanzieller Mittel nicht durchgeführt werden", betont Prof. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts.

Teilnehmer des Workshops im Hörsaal des Paul-Ehrlich-Instituts Teilnehmer des Workshops im Hörsaal des Paul-Ehrlich-Instituts Quelle: PEI

Hintergrund

Adoptive Immuntherapie mit CAR- und TCR-T-Zellen

Krebszellen sind für das Immunsystem häufig unsichtbar und können sich deshalb ungestört vermehren. Daher wird an Methoden gearbeitet, die Immunzellen des Patienten so zu verändern, dass sie gezielt die Krebszellen ins Visier nehmen und abtöten können, ohne andere körpereigene Zellen zu schädigen. CAR- und TCR-T-Zellen sind solche veränderten Zellen. Dem Krebspatienten werden bestimmte Immunzellen (T-Zellen) entnommen, im Labor auf gentechnischem Weg mit einem tumorspezifischen T-Zellrezeptor (CAR-/TCR-T-Zellen) oder mit einem chimären Antigenrezeptor (CAR) ausgestattet, und dann dem Patienten wieder infundiert. Das CAR-Molekül besteht aus drei Komponenten: einem extrazellulären, antigenbindenden Antikörperfragment, das die gewählte Zielstruktur auf der Tumorzelle detektiert; einem Transmembranteil, der den CAR in der Membran der T-Zelle verankert, und einem intrazellulären Teil, der die Antigenbindung als aktivierendes Signal in das Innere der T- Zelle weiterleitet. Diese so veränderten Zellen werden anschließend dem Patienten verabreicht mit dem Ziel, gezielt die Krebszellen abzutöten. Auch andere Immunzellen wie natürliche Killerzellen (NK) können beispielsweise mit CAR ausgestattet werden (siehe Abbildung).

Fluoreszenzmikroskopische Aufnahme des Angriffs einer CAR-exprimierenden NK(natürliche Killer)-Zelle auf eine Tumorzelle. Fluoreszenzmikroskopische Aufnahme des Angriffs einer CAR-exprimierenden NK(natürliche Killer)-Zelle auf eine Tumorzelle. Quelle: Prof. Winfried Wels, GSH Frankfurt

Nach Infusion der genetisch veränderten T-Zellen vermehren sie sich im Körper des Krebspatienten, greifen die Tumorzellen an und zerstören sie. Dabei treten unterschiedlich schwere Nebenwirkungen auf, die häufig eine zeitweise intensivmedizinische Betreuung des Patienten notwendig machen. Ursache sind u.a. eine durch die T-Zell-Angriffe ausgelöste massive Freisetzung körpereigener Botenstoffe (Zytokinsturm, cytokine-release syndrome) und eine Aktivierung bestimmter Immunzellen (Makrophagen, macrophage activation syndrome), die zu hohem Fieber und lebens­bedrohlichen Organschäden führen können. Eine weitere mögliche Nebenwirkung ist das Tumorlysesyndrom, bei dem es durch das Zerfallen der attackierten Tumorzellen zu einer massiven Freisetzung der Zellinhalte mit entsprechenden Nebenwirkungen kommt. Auch können sogenannte Off-tumor/on-target-Effekte auftreten, falls das Tumorantigen nicht nur auf Tumorzellen, sondern auch auf gesunden Zellen exprimiert wird.

Schematische Darstellung des Angriffs der CAR-modifizierten Effektorzelle auf die Tumorzelle. Schematische Darstellung des Angriffs der CAR-modifizierten Effektorzelle auf die Tumorzelle. Quelle: Prof. Winfried Wels, GSH Frankfurt

Diese neuen Therapeutika werden regulatorisch als Gen-und Zelltherapien eingestuft und sind in der Europäischen Union im rechtlichen Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien zusammengefasst.

DKTK – Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung

Das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) ist eine gemeinsame, langfristige Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der beteiligten Bundesländer, der Deutschen Krebshilfe und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und wurde als eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG) gegründet. Mit dem DKFZ kooperieren Forschungs­einrichtungen und Kliniken an den Standorten Berlin, Dresden, Essen/Düsseldorf, Frankfurt/Mainz, Freiburg, Heidelberg, München und Tübingen, um optimale Bedingungen für die kliniknahe Krebsforschung zu schaffen. Das Konsortium fördert interdisziplinäre Forschungsthemen an der Schnittstelle zwischen Grund­lagenforschung und Klinik, sowie klinische Studien zu innovativen Therapie- und Diagnoseverfahren. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Aufbau von Forschungsplatt­formen, um den Einsatz personalisierter Krebstherapien zu beschleunigen und die Diagnose und Prävention von Krebserkrankungen zu verbessern.

Mehr Informationen unter http://www.dkfz.de/de/dktk

3rd PEI-DKTK Workshop
Regulatory issues relating to the development and clinical application of CAR- and TCR gene-modified ATMPs
2. Februar 2016, Paul-Ehrlich-Institut, Langen


[1] Rosenberg SA et al.: Adoptive cell transfer as personalized immunotherapy for human cancer. Science. 2015 Apr 3;348(6230):62-8

Pressekontakt:
Paul-Ehrlich-Institut
Pressestelle
Dr. Susanne Stöcker, Dr. Corinna Volz-Zang, Brigitte Morgenroth
Paul-Ehrlich-Straße 51-59
63225 Langen
GERMANY
Telefon: +49 6103 77 1030
Telefax: +49 6103 77 1262
E-Mail: Presse@pei.de

Das Paul-Ehrlich-Institut in Langen bei Frankfurt am Main ist als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel eine Bundesoberbehörde im Geschäfts­bereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Es erforscht, bewertet und lässt bio­medizinische Human-Arzneimittel und immunologische Tierarzneimittel zu und ist für die Genehmigung klinischer Prüfungen sowie die Pharmakovigilanz – Erfassung und Bewertung möglicher Nebenwirkungen – zuständig.

Die staatliche Chargenprüfung, wissenschaftliche Beratung/Scientific Advice und Inspektionen gehören zu den weiteren Aufgaben des Instituts. Unverzichtbare Basis für die vielseitigen Aufgaben ist die eigene experimentelle Forschung auf dem Gebiet der Biomedizin und der Lebenswissenschaften.

Das Paul-Ehrlich-Institut mit seinen rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nimmt zudem Beratungsfunktionen im nationalen (Bundesregierung, Länder) und inter­nationalen Umfeld (Weltgesundheitsorganisation, Europäische Arzneimittel­behörde, Europäische Kommission, Europarat und andere) wahr.

Aktualisiert: 03.02.2016