Erneut klinische Prüfung eines COVID-19-Impfstoffs in Deutschland genehmigt
Das Paul-Ehrlich-Institut, Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, hat eine weitere klinische Prüfung der Phase 1 eines Impfstoffs gegen COVID-19 in Deutschland genehmigt. Bei dem aktuellen Impfstoffkandidaten handelt es sich um einen sogenannten Vektorimpfstoff. Die Erprobung von Impfstoffkandidaten am Menschen ist ein bedeutsamer Schritt auf dem Weg zur Zulassung von unbedenklichen und wirksamen Impfstoffen gegen COVID-19.
Bei dem aktuellen Impfstoff handelt sich um einen vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und der IDT Biologika GmbH entwickelten Vektorimpfstoff gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. In diesem Vektorimpfstoff ist die genetische Information für das Spike-Oberflächenprotein des SARS-CoV-2 in die genetische Information des Pocken-Impfvirus MVA eingebaut. Das Ausgangs-Impfvirus MVA wurde bereits vor mehr als 30 Jahren an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) entwickelt und auch der zugelassene Pockenimpfstoff Imvanex wurde hiervon abgeleitet. Der mit der genetischen Information von SARS-CoV-2 bestückte virale Vektor MVA kann sich nach Injektion nicht im Körper vermehren. Die eingeschleuste genetische Information (DNA, Desoxyribonukleinsäure) des SARS-CoV-2-Spikeproteins wird im Körper zum Bau des Spikeproteins benutzt. Das Immunsystem erkennt das fremde Spikeprotein und löst so eine Immunantwort aus. Angestrebt wird dabei die Bildung von Antikörpern, bestimmten Zytokinen und Immunzellen (T-Zellen) für einen anhaltenden Schutz vor SARS-CoV-2. Dass der MVA-Vektorimpfstoff gegen SARS-CoV-2 die gewünschten Immunantworten und eine Schutzwirkung zeigt, konnte bereits in präklinischen Modellen der Universitäten Marburg und München gezeigt werden.
Bei der am 30. September 2020 vom Paul-Ehrlich-Institut genehmigten klinischen Prüfung handelt es sich um eine Phase-1-Prüfung mit insgesamt 30 gesunden erwachsenen Probanden im Alter von 18 bis 55 Jahren. Die Studienteilnehmenden erhalten zwei Impfungen im Abstand von vier Wochen. Die Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und der DZIF-Partner in Marburg messen parallel die Bildung von Antikörpern und T-Zellen im Körper und vergleichen diese mit der Immunreaktion von genesenen COVID-19-Patientinnen und -Patienten. Für die klinische Prüfung, die gemeinsam mit dem medizinischen Auftragsinstitut CTC North durchgeführt wird, ist das UKE verantwortlich. Finanziert wird die Studie durch öffentliche Mittel des DZIF.
Der Impfstoffkandidat ist mit Stand vom 30. September 2020 laut Weltgesundheitsorganisation WHO einer von weltweit 41 präventiven, spezifischen COVID-19-Impfstoffkandidaten, die in klinischen Prüfungen evaluiert werden. In Deutschland handelt es sich um die erste genehmigte klinische Phase-1-Prüfung eines vektorbasierten COVID-19-Impfstoffs. Die weltweit zunehmende Anzahl klinischer Prüfungen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Zulassung von unbedenklichen und wirksamen COVID-19-Impfstoffprodukten.
Das für die Genehmigung klinischer Prüfungen sowie die Bewertung und Zulassung von Impfstoffen in Deutschland zuständige Paul-Ehrlich-Institut erwartet, dass noch weitere klinische Prüfungen von COVID-19-Impfstoffkandidaten in Deutschland in den nächsten Monaten beginnen werden. Das Paul-Ehrlich-Institut unterstützt die weltweite COVID-19-Impfstoffentwicklung mit höchster Priorität.
Hintergrund Vektorimpfstoffe
COVID-19-Vektorimpfstoffe enthalten in ihrer Erbinformation ungefährliche Teile des Erbmaterials von SARS-CoV-2, namentlich den Bauplan für das Spikeprotein oder für einen Teil davon. Nachdem diese genetische Information durch die Impfung in einige wenige Körperzellen des Geimpften gelangt sind, werden sie (wie auch die genetische Information der Körperzellen selbst) in den Zellen als Boten-RNA abgelesen und die entsprechenden Oberflächenstrukturen (Proteine) des Virus werden hergestellt. Das Immunsystem reagiert auf dieses gebildete Fremd-Protein und bildet dagegen Abwehrstoffe (u.a. Antikörper). Bei einem späteren Kontakt der geimpften Person mit SARS-CoV-2 erkennt das Immunsystem die Oberflächenstruktur wieder und soll eine schwere COVID-19-Erkrankung mindern oder verhindern und evtl. sogar die Weitergabe von SARS-CoV-2 von Mensch-zu-Mensch (Transmission) reduzieren.