Paul-Ehrlich-Institut

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Zur Bereitstellung und Optimierung unseres Webauftritts möchten wir gerne statistische Informationen vollständig anonymisiert erfassen und analysieren. Dürfen wir hierzu vorübergehend einen Statistik-Cookie setzen?

Sie können Ihre Einwilligung jederzeit in unserer Datenschutzerklärung widerrufen.

OK

Fusionsprotein rFlaA:Betv1 induziert regulatorische B-Zellen und unterdrückt damit allergische Prozesse

16 / 2022

  • In der aktuellen Studie wurde nachgewiesen, dass das gegen Birkenpollenallergien gerichtete Fusionsprotein rFlaA:Betv1 regulatorische B-Zellen induziert und damit allergischen Prozessen entgegenwirkt.
  • In früheren Arbeiten hatte die Forschungsgruppe bereits weitere immunmodulatorische Eigenschaften des Fusionsproteins identifiziert.
  • Das Fusionsprotein rFlaA:Betv1 ist ein vielversprechender Kandidat für die Behandlung der Birkenpollenallergie und könnte als Modell für die Entwicklung weiterer allergenspezifischer Immuntherapeutika dienen.

Zitat Dr. Schülke

Pressemitteilung

Auf der Suche nach wirksamen und sicheren Therapeutika für die Hyposensibilisierung untersuchten Mitarbeitende des Paul-Ehrlich-Instituts und der Justus-Liebig-Universität Gießen die Wirkung des Birkenpollenallergen-enthaltenden Fusionsproteins rFlaA:Betv1 auf B-Zellen (bestimmte Immunzellen). rFlaA:Betv1 führt zur Differenzierung der B-Zellen zu regulatorischen Zellen. Diese produzieren Antikörper und Botenstoffe (Interleukine), die allergischen Reaktionen entgegenwirken. Diese und weitere Befunde machen Fusionsproteine zu vielversprechenden Kandidaten für die allergenspezifische Immuntherapie (AIT). Über die Ergebnisse berichtet Allergy in seiner Online-Ausgabe vom 04.10.2022.

Hintergrund

Etwa ein Viertel der Bevölkerung ist von Allergien betroffen. Am häufigsten werden diese Allergien durch eine Immunglobulin IgE-vermittelte Überempfindlichkeit des Immunsystems ausgelöst.

Meist werden nur die Symptome der Allergie behandelt. Eine allergenspezifische Immuntherapie (AIT) bietet dagegen die Möglichkeit, Allergien deutlich abzuschwächen oder gar zu heilen. Hierbei wird das Immunsystem desensibilisiert, also unempfindlich gemacht, indem es regelmäßig, über mehrere Jahre hinweg mit steigenden Dosen des Antigens konfrontiert wird. Bei erfolgreicher Behandlung entwickelt sich eine Toleranz gegenüber dem Allergen, sodass es nicht mehr zu Allergiesymptomen kommt. Nicht für jede Allergie ist dies bisher möglich.

Birkenzweig mit Blütenständen (Quelle: Shutterstock.com)

Kombination besser als Einzelkomponenten: Fusion aus Allergen und Adjuvans für die Immuntherapie?

Bisherige AITs nutzen ein Gemisch aus nicht einheitlichen Allergenen und Wirkverstärkern (Adjuvanzien). Zwar gibt es für einige Allergene bereits etablierte erfolgreiche allergenspezifische Immuntherapien, für viele Allergene sind jedoch noch keine AIT etabliert.

Als vielversprechende Kandidaten für die AIT gelten Allergen-Adjuvans-Fusionsproteine – also zusammengesetzte Proteine. Das im Paul-Ehrlich-Institut entwickelte Fusionsprotein rFlaA:Betv1 setzt sich aus dem Birkenpollen-Antigen Bet v 1 und dem als Adjuvans dienenden Flagellenprotein rFlaA eines Bakteriums (Listeria monocytogenes) zusammen. Im Tiermodell ließ sich mit dem Fusionsprotein die Entwicklung einer Birkenpollen-Allergie verhindern. Der Wirkmechanismus ist jedoch noch nicht vollständig geklärt. In früheren Arbeiten hatte die Arbeitsgruppe bereits gezeigt, dass das Fusionsprotein rFlaA:Betv1 im Gegensatz zu einer Mischung aus beiden Einzelproteinen zu einer erhöhten Ausschüttung des Botenstoffs Interleukin 10 (IL-10) führt. IL-10 hemmt die allergenspezifische, überschießende Reaktion von Typ2-T-Helferzellen (TH2). Außerdem scheint das Hervorrufen von allergenspezifischen regulatorischen T-Zellen und Immunglobulin G (IgG)-Antikörper eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Allergien zu spielen.

Aktuelle Studie untersucht weitere Wirkmechanismen

Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, weitere Erkenntnisse zum immunmodulierenden Einfluss von rFlaA:Betv1 auf Immunzellen des Körpers zu gewinnen. Im Fokus standen diesmal die B-Zellen des Immunsystems. Hierzu wurden undifferenzierte B-Zellen von Mäusen und Menschen in Zellkulturen (in vitro) untersucht. Das Fusionsprotein löste eine mTOR- und MyD88-abhängige Differenzierung der B-Zellen aus. Das bedeutet, dass mTOR, ein zentrales regulierendes Protein im Zellstoffwechsel, und das MyD88-Protein, das der Weiterleitung von Signalen innerhalb der Immunzellen dient, in den Wirkmechanismus eingebunden sind.

Die differenzierten B-Zellen entwickelten in Folge regulatorische Fähigkeiten: Sie vermittelten die Freisetzung von IL-10- und IL-6, eine antigenbindende Antikörperproduktion und immunhemmende Eigenschaften.

Die Forschungsergebnisse legen nahe, dass die allergieunterdrückende Wirkung von Flagellin-Fusionsproteinen zum Teil auf ihrer Fähigkeit beruht, die Differenzierung funktioneller regulatorischer B-Zellen auszulösen. Diese und frühere Befunde machen Flagellin:Allergen-Fusionsproteine zu hochinteressanten therapeutischen Kandidaten für künftige AIT-Ansätze.

Originalpublikation

Goretzki A, Lin Y-L, Meier C, Dorn B, Wolfheimer S, Jamin A, Schott M, Wangorsch A, Vieths S, Jakob Th, Scheurer S, Schülke S (2023): Stimulation of naive B cells with a fusion protein consisting of FlaA and Bet v 1 induces regulatory B cells ex vivo.
Allergy 78: 663-681.
Online-Abstract

Aktualisiert: 07.10.2022