Paul-Ehrlich-Institut

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FAQ - Häufig gestellte Fragen

Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP)

Was sind ATMP?

ATMP steht für Advanced Therapy Medicinal Products – Arzneimittel für neuartige Therapien. Zu den ATMP gehören Gentherapeutika, humane somatische Zelltherapeutika, Tissue-Engineering-Produkte, xenogene somatische Zelltherapeutika und Kombinationsprodukte, die Zellen und Gerüststoffe (Matrices) kombinieren. ATMP enthalten oder bestehen daher aus lebenden Zellen oder, wenn die Expression oder die Modulation der Expression von Genen intendiert ist, aus Genfähren (Vektoren) bzw. den Nukleinsäuren DNA oder RNA. Alle mit der Genexpression verbunden Zellmechanismen Es handelt sich um äußerst komplexe Arzneimittel. ATMP eröffnen innovative Wege in der Behandlung von Krankheiten oder Funktionsstörungen des menschlichen Körpers. Zu ATMP gehören Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika und biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte. Die Komplexität der ATMP erfordert bei der Bewertung und in der Anwendung dieser Arzneimittel ein spezielles Wissen, das im Paul-Ehrlich-Institut (PEI) aufgrund der eigenen Forschungstätigkeiten gegeben ist.

In Deutschland ist das PEI als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel für die Arzneimittelgruppe der ATMP zuständig.

Worin unterscheiden sich Gentherapeutika von somatischen Zelltherapeutika?

Bei einer Gentherapie werden Nukleinsäuren (DNA oder RNA) auf Körperzellen des Patienten übertragen. Meist erfolgt dies mit sogenannten Vektoren. Vektoren sind vermehrungsunfähige Viruspartikel, die Gene in Form von DNA oder RNA in Zielzellen übertragen. Dieser Gentransfer kann ex vivo außerhalb des Körpers – dann werden die Zellen dafür vorher entnommen – oder auch in vivo im Körper des Patienten erfolgen.

Ein Beispiel für eine Gentherapie ist die Behandlung schwerer Immundefekte aufgrund eines genetisch bedingten Mangels bestimmter Proteine. Hierbei werden Blutstammzellen des Patienten genetisch verändert: Dem Erbgut der Blutstammzellen wird das intakte Gen für die Bildung des funktionsfähigen Eiweiß es hinzugefügt. Die auf diese Weise funktionell korrigierten Zellen werden dem Patienten dann mittels Infusion zurückgegeben. Gentherapeutisch können z.B. Kinder, die an der seltenen und schweren Erbkrankheit ADA-SCID leiden, behandelt werden.

Somatische Zelltherapeutika bestehen aus Zellen oder Geweben, die bearbeitet wurden, sodass biologische Merkmale, Funktionen oder ihre strukturellen Eigenschaften verändert sind. Zu somatischen Zelltherapeutika gehören Zellen oder Gewebe, die im Empfänger dieselbe Funktion ausüben, wie im Spender (homologer Gebrauch) oder die im Empfänger nicht dieselbe Funktion wie im Spender ausüben sollen (nicht-homologer Gebrauch). Anders als bei Gentherapeutika ist bei somatischen Zelltherapeutika nicht die genetische Veränderung für den therapeutischen Effekt verantwortlich. Ein Beispiel für somatische Zelltherapeutika ist die Verwendung von Stammzellen zur Regeneration des Herzens. Neben den humanen somatischen Zelltherapeutika können auch vom Tier stammende, sogenannte xenogene Zellen zur Anwendung am Menschen kommen. Xenogene somatische Zelltherapeutika, hier Pankreas-Inseln des Schweins, werden beispielsweise zur Verbesserung des schweren Diabetes Typ 1 in klinischen Prüfungen erprobt.

In Deutschland ist das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in seiner Funktion als Bundesoberbehörde für Gentherapeutika und somatische Zelltherapeutika zuständig. Xenogene somatische Zelltherapeutika werden in Deutschland mit anderen lebenden xenogenen Zellen zur Anwendung am Menschen im Arzneimittelgesetz als xenogene Arzneimittel definiert.

Was sind biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte?

Diese Arzneimittel enthalten biotechnologisch bearbeitete Zellen oder Gewebe oder bestehen aus ihnen. Biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte dienen der Regeneration, Wiederherstellung oder dem Ersatz menschlichen Gewebes, was auch als Tissue Engineering bezeichnet wird. Zellen oder Gewebe gelten als biotechnologisch bearbeitet, wenn sie „substanziell“ bearbeitet wurden, um die gewünschten biologischen Funktionen im Empfänger auszuüben oder um im Empfänger eine andere Funktion als im Spender zu erfüllen (nicht homologer Gebrauch). Ein Beispiel für ein biotechnologisch bearbeitetes Gewebeprodukt sind Knorpelzellen, die dem Patienten entnommen, vermehrt und zur Behandlung von Knorpeldefekten im Knie reimplantiert werden.

In Deutschland ist das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) als Bundesoberbehörde für biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte zuständig.

Welche ATMP sind in Europa und damit auch in Deutschland zugelassen?

In Europa sind ATMP zulassungspflichtig. Die Zulassung erfolgt über das von der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) koordinierte zentralisierte Verfahren durch die Europäische Kommission (European Commission, EC). Die Zulassung ist in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums (Norwegen, Island, Liechtenstein) gültig . Unter besonderen Voraussetzungen können ATMP in Deutschland vor einer zentralen Zulassung eine nationale Genehmigung gemäß den Vorschriften des § 4b AMG erhalten.

In Deutschland ist das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) als Bundesoberbehörde für die Arzneimittelgruppe der ATMP zuständig. Expertinnen und Experten des PEI übernehmen in den entsprechenden Ausschüssen der Europäischen Arzneimittel agentur regelmäßig die federführende Bewertung zentraler Zulassungsanträge als Rapporteur oder Co-Rapporteur. Das PEI führt auch im Rahmen seiner Mitgliedschaft im Ausschuss für neuartige Therapien (Committee for Advanced Therapies, CAT) bei der EMA die Erstbewertung von Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von ATMP durch und erarbeitet ggf. eine Zulassungsempfehlung, die vom Ausschuss für Humanarzneimittel bei der EMA (Committee for Medicinal Products for Human Use, CHMP) bestätigt werden muss, bevor die Europäische Kommission die Zulassungsentscheidung trifft.

Was besagt die häufig als Krankenhausausnahme bezeichnete Sondervorschrift § 4b AMG (Arzneimittelgesetz) für ATMP?

§ 4b AMG (Arzneimittelgesetz) erlaubt es, dass nicht routinemäßig hergestellte ATMP in einer Spezialklinik in Deutschland angewendet werden, auch wenn das ATMP (noch) keine zentrale Zulassung besitzt. Wenn die notwendigen Erkenntnisse für eine umfassende Beurteilung und Zulassung der ATMP noch nicht vorliegen, weil diese Arzneimittel noch nicht in ausreichender Anzahl hergestellt wurden, ermöglicht diese Sondervorschrift dennoch Patientinnen und Patienten den frühzeitigen Zugang zu ATMP.

Die Sondervorschrift § 4b AMG wird häufig auch als Krankenhausausnahme bezeichnet. Ihre Genehmigung ersetzt bis auf bestimmte Spezialfälle nicht die klinischen Prüfungen, die für die Zulassung über das zentralisierte Verfahren in Europa eine Voraussetzung ist. In Deutschland dürfen Arzneimittel im Rahmen des § 4b nur an andere abgeben (in Verkehr bringen), wenn das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) u.a. die Genehmigung dazu erteilt hat oder eine Zulassung vorliegt .

Wie funktioniert die CAR-T-Zell-Therapie?

Für die Herstellung von CAR-T-Zellen werden dem Patienten T-Zellen, die zu den weißen Blutkörperchen (Lymphozyten) gehören, entnommen. Die T-Zellen werden außerhalb des Körpers mit Hilfe eines viralen Gentransfervektors mit dem Gen eines chimären Antigenrezeptors (CAR, Chimeric Antigen Receptor) ausgestattet, anschließend vermehrt und dann intravenös demselben Patienten verabreicht.

Sechs zugelassene T-Zell-Arzneimittel sind in der EU zugelassen und werden bereits in der Behandlung von bestimmten Arten von Blutkrebs eingesetzt. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, war an der Nutzen-Risiko-Bewertung der CAR-T-Zell-Arzneimittel beteiligt.

Wie funktioniert die CAR-T-Zell-Therapie? (Quelle: PEI)

Aktualisiert: 03.02.2023