Wer ist für die Bewertung und Überwachung der Impfstoffe (Impfstoffsicherheit) zuständig?
Für die Zulassung von Impfstoffen, d.h. die Bewertung der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit sowie die Pharmakovigilanz (Arzneimittelsicherheit) nach der Zulassung, ist in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut zuständig.
Die Ständige Impfkommission (STIKO), angesiedelt am Robert-Koch-Institut (RKI), erstellt auf der Grundlage der Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit der jeweiligen zugelassenen Impfstoffe die Impfempfehlungen, sodass Impfstoffe optimal eingesetzt werden können. Hierfür bezieht die STIKO die Bewertungen des Paul-Ehrlich-Institut zur Sicherheit von Impfstoffen mit ein.
Nach der Zulassung eines Impfstoffs werden kontinuierlich alle Meldungen mit Verdacht auf eine Nebenwirkung bzw. Impfkomplikation aus Deutschland vom Paul-Ehrlich-Institut erfasst und bewertet. Die Nebenwirkungsbeobachtung des Paul-Ehrlich-Instituts auf Basis eingehender Verdachtsfallmeldungen von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen dient der schnellen Erkennung neuer Risikosignale bei der Anwendung von Impfstoffen und anderen biomedizinischen Arzneimitteln. Mithilfe der Pharmakovigilanz kann das Paul-Ehrlich-Institut nicht nur neue Risikosignale schnell erkennen, sondern gegebenenfalls auch Maßnahmen zur Risikoreduktion ergreifen oder veranlassen. Dies geschieht sowohl national als auch auf europäischer Ebene.
Das Paul-Ehrlich-Institut veröffentlicht regelmäßig Sicherheitsberichte zu den gemeldeten Verdachtsfällen in Deutschland nach der Impfung gegen COVID-19.
Weitere Informationen
Sicherheitsberichte
Aktualisiert: 28.03.2024
Wie wird die Wirksamkeit eines COVID-19-Impfstoffs ermittelt?
Bei der zulassungsrelevanten klinischen Prüfung zur Sicherheit und Wirksamkeit eines COVID-19-Impfstoffkandidaten, normalerweise Phase 3 oder 2/3, werden die Studienteilnehmenden zufällig (randomisiert) einer von zwei Gruppen zugeordnet. Die eine Gruppe wird mit dem Impfstoffkandidaten geimpft (sog. Verumgruppe), der Kontrollgruppe wird ein Placebo oder ein anderer Impfstoff verabreicht. Dabei wird darauf geachtet, dass beide Gruppen vergleichbar zusammengesetzt sind (z. B. im Hinblick auf Alter, Geschlecht etc.) und ein vergleichbares SARS-CoV-2-Infektionsrisiko besteht. Das Auftreten einer laborbestätigten symptomatischen SARS-CoV-2-Infektion, also einer COVID-19-Erkrankung, ab einem bestimmten Zeitpunkt nach Impfung wird dann in beiden Gruppen aktiv erfasst und die Häufigkeit wird verglichen. Eine daraus berechnete Wirksamkeit von z.B. 90 Prozent bedeutet, dass die Zahl der innerhalb einer bestimmten Zeit in der geimpften Gruppe aufgetretenen COVID-19-Erkrankungen im Vergleich zu einer nichtgeimpften Kontrollgruppe um 90 Prozent reduziert waren (z.B. n = 10 vs. 100 Erkrankungen bei gleich großen Gruppen).
Wie hoch ist die Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe?
Die den bedingten Zulassungen zugrunde liegenden Wirksamkeitsdaten können den Produktinformationen der jeweiligen COVID-19-Impfstoffe entnommen werden. Die Produktinformationen können auf www.pei.de/covid-19-impfstoffe in der rechten Spalte abgerufen werden.
Die Wirksamkeitsstudien im Rahmen der Zulassung wurden zu einer Zeit durchgeführt, als die Virusvariante Omikron nicht bekannt und noch nicht verbreitet war. Sie dominiert aktuell das SARS-CoV-2-Infektionsgeschehen in Deutschland. Die bisherigen Studien zeigen, dass die Wirksamkeit der COVID-19-Impfung gegenüber einer Infektion mit der Omikronvariante und gegenüber Omikron-induziertem COVID-19 im Vergleich zu vorangegangenen Virusvarianten reduziert ist. Es zeigt sich aber auch, dass Personen nach Auffrischimpfung deutlich besser vor einer Erkrankung durch die Virusvariante Omikron geschützt sind als Personen nach Grundimmunisierung.
Das für die Epidemiologie zuständige Robert Koch-Institut informiert regelmäßig in seinen häufigen Fragen und Antworten (FAQ) über den aktuellen Kenntnisstand zur Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe gegenüber den aktuell zirkulierenden Virusvarianten.
Aktualisiert: 01.06.2022
Sind bei der Prüfung Sicherheitsschritte ausgelassen worden, um die Zulassung zu beschleunigen?
Für die Zulassung der COVID-19-Impfstoffe wurden alle für eine Bewertung der Sicherheit der Impfstoffe relevanten Untersuchungen durchgeführt. Die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit jedes einzelnen Impfstoffprodukts muss sichergestellt sein, bevor ein Impfstoffprodukt eine Zulassung erhalten kann.
Die aktuellen Zulassungen der COVID-19-Impfstoffe sind bedingte Zulassungen mit Auflagen. Das bedeutet, dass zu bestimmten Terminen nach der Zulassung weitere Daten durch den Zulassungsinhaber vorgelegt werden müssen. Der Ausschuss für Humanarzneimittel CHMP (Committee for Medicinal Products for Human Use) bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA (European Medicines Agency) hat Kriterien formuliert, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit ein COVID-19-Impfstoff eine Zulassung erhalten kann.
Aktualisiert: 01.06.2022
Sind die COVID-19-Impfstoffe sicher, obwohl die Entwicklung so schnell ging?
Die kurze Entwicklungszeit für die aktuellen COVID-19-Impfstoffkandidaten ist durch eine Reihe von Faktoren erreicht worden:
- Kenntnis des potenziell schützenden Antigens aus Vorarbeiten zu Impfstoffen für SARS-CoV von 2002/2003 und MERS-CoV
- Anwendung und Weiterentwicklung neuer Impfstofftechnologien
- Durchführung einiger sonst präklinisch durchgeführter Untersuchungen parallel zu klinischen Prüfungen
- Durchführung überlappender Phase 1/2- und Phase 2/3-Prüfungen
- Regulatorische Anleitung durch intensive, auch mehrfache wissenschaftliche Beratung (Scientific Advice)
- Rolling Review beim Paul-Ehrlich-Institut und bei der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA)
- Hohe Fokussierung und großzügige finanzielle Unterstützung durch Bundesregierung, Europäische Kommission und weltweit agierende Stiftungen, auch um den Beginn der Großherstellungen im Vorfeld der Zulassung zu ermöglichen
- Weltweite Zusammenarbeit z.B. auf Ebene der WHO und der Internationalen Koalition der Arzneimittelbehörden (International Coalition of Medicines Regulatory Agencies, ICMRA)
- Für die Zulassung der COVID-19-Impfstoffe wurden Daten von 20.000 bis knapp 40.000 Studienteilnehmenden ausgewertet. Dadurch wurden umfassende Informationen über die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe gewonnen. Mit der Zulassung endet die Nachbeobachtung der Studienteilnehmenden nicht. Sie werden über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren im Rahmen der weiter geführten zulassungsrelevanten klinischen Prüfungen aktiv beobachtet. Dies geschieht u.a. auch, um die Dauer der Wirksamkeit der Impfung beurteilen zu können.
Generell gilt aber für COVID-19-Impfstoffe wie für alle anderen neuen Impfstoffe und therapeutischen Arzneimittel, dass zum Zeitpunkt der Zulassung nicht alle potenziellen oder sehr seltenen Nebenwirkungen erfasst sein können. Aus diesem Grund werden Impfstoffe wie andere neu zugelassene Arzneimittel auch nach der Zulassung im Hinblick auf ihre Sicherheit überprüft. Ein Bestandteil dieser Nachbeobachtung (Surveillance) ist beispielsweise die Analyse der spontanen Meldungen von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen. Bei den pandemischen Impfstoffen gegen COVID-19 werden noch weitere, auch aktive Sicherheitsstudien durchgeführt.
Aktualisiert: 01.06.2022
Müssen Langzeitfolgen von Impfstoffen, die erst Jahre nach der Impfung eintreten, befürchtet werden?
Aus jahrzehntelanger Erfahrung ist bekannt, dass die meisten Nebenwirkungen von Impfstoffen innerhalb weniger Stunden oder weniger Tage nach einer Impfung auftreten. In seltenen Fällen kommt es vor, dass Impfstoffnebenwirkungen erst nach Wochen oder wenigen Monaten auftreten beziehungsweise erkannt werden.
Die ersten in Europa verfügbaren COVID-19-Impfstoffe wurden bereits Ende 2020 beziehungsweise Anfang 2021 zugelassen und befinden sich seitdem in der allgemeinen Anwendung. Die ersten klinischen Prüfungen wurden einige Monate vor Zulassung begonnen. Und seitdem wurden sie millionen- bzw. teilweise milliardenfach verimpft. Diese Impfstoffe und ihre Nebenwirkungen sind inzwischen gut bekannt – auch sehr selten auftretende Nebenwirkungen.
Aktualisiert: 01.06.2022
Was sind überhaupt Langzeitfolgen?
Es gibt zwei Möglichkeiten, was unter dem Begriff "Langzeitfolgen" zu verstehen ist. Etwas, das erst nach langer Zeit eintritt, oder etwas, das über einen langen Zeitraum anhält.
Eine erwünschte Langzeitfolge von Impfungen im Sinne einer lang anhaltenden Wirkung ist der Schutz vor einer Infektion oder einer schweren Erkrankung. Bei manchen Menschen hält dieser Schutz sogar lebenslang an – zum Beispiel bei der Masernimpfung. Bei anderen Impfungen wie beispielsweise gegen die Influenza – und nach aktuellem Stand auch gegen COVID-19 – sind Auffrischimpfungen erforderlich. Zusammen führen die Impfungen aber zu einem kontinuierlichen Schutz vor dem Erreger.
Im Einzelfall können auch sehr seltene Impfkomplikationen einen langen Zeitraum, gegebenenfalls Jahre, anhalten. Das ist aber die absolute Ausnahme.
Ein Beispiel für eine solche extrem seltene Nebenwirkung mit Langzeitwirkung ist die sehr selten aufgetretene Narkolepsie nach der Impfung gegen die Schweinegrippe 2009/2010 und stellt eine absolute Ausnahme dar. Die ersten Hinweise auf diese Impfkomplikation gab es auch hier schon wenige Monate nach Beginn der Impfungen.
Besorgte Bürgerinnen und Bürger verstehen unter Langzeitfolgen – häufig auch Spätfolgen genannt – Nebenwirkungen, die erst mit einer Verzögerung von vielen Monaten oder Jahren nach der Impfung auftreten. Diese Sorgen sind unberechtigt. Wir kennen solche sehr spät einsetzenden Nebenwirkungen von Impfstoffen nicht.
Wie hoch ist die Gefahr der Integration von mRNA-Impfstoffen ins Genom?
Es besteht kein erkennbares Risiko der Integration der mRNA in das Genom von Körperzellen. Das aus DNA bestehende Genom befindet sich im Zellkern, wohin die Impfstoff-mRNA normalerweise nicht gelangt. RNA kann selbst nicht in das DNA-Genom integriert werden. Deswegen müsste die mRNA in der Zelle zunächst in DNA umgeschrieben werden, um ins DNA-Genom integriert zu werden. Theoretisch wäre ein Integration der mRNA ins Genom von Körperzellen also nur möglich bei gleichzeitiger Anwesenheit von bestimmten Eiweißen, die die Impfstoff-mRNA in DNA umschreiben, diese DNA dann in den Zellkern transportieren und dort wiederum mittels eines Eiweißes eines Virus in das Genom integrieren könnten. Dies ist eine äußerst unwahrscheinliche und bisher in unmodifizierten Zellen nicht beobachtete Abfolge von Reaktionen. Darüber hinaus ist die mRNA in Körperzellen einer geimpften Person nur vorübergehend vorhanden, bevor sie abgebaut wird.
Aktualisiert: 01.06.2022
Warum enthalten die zugelassenen mRNA-Impfstoffe Lipidnanopartikel?
Die bisher zugelassenen mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 – Comirnaty und COVID-19 Vaccine Moderna – enthalten Lipidpartikel, in die die mRNA verpackt ist. Diese werden aufgrund ihrer Größe (< 100 nm) auch als Lipidnanopartikel (LNP) bezeichnet. Bei dem Begriff "Partikel" ist aber zu bedenken, dass es sich hier nicht um nicht abbaubare Feststoffpartikel (Metalle, Kunststoffe etc.) handelt, sondern um Fettkügelchen, die ähnlich wie biologische Zellmembranen aus einer Phospholipidschicht aufgebaut sind. Sie fungieren als Träger und schützen die ansonsten instabile mRNA. Vor allem aber sorgen sie dafür, dass die mRNA nach Impfung in die Zellen (vor allem rund um die Injektionsstelle) aufgenommen und innerhalb der Zelle dort, wo die mRNA abgelesen werden soll, auch wieder freigesetzt wird.
Was wissen wir über die Sicherheit der Lipidnanopartikel in mRNA-Impfstoffen?
Die Lipidnanopartikel (LNP) ähneln den sogenannten Liposomen (Fettkörperchen), die als Träger für Arzneistoffe in der Medizin schon seit über 20 Jahren eingesetzt werden (z.B. Myocet liposomal, Caelyx pegylated liposomal, DaunoXome, AmBisome). In einem weiteren zugelassenen Arzneimittel sind therapeutische RNA-Moleküle in sehr ähnlichen LNP verpackt (Onpattro). Bei diesen Arzneimitteln werden im Vergleich zur Impfung deutlich höhere Lipidmengen intravenös verabreicht. Auch gab es bereits zugelassene Impfstoffe mit ähnlichem Aufbau, sogenannte virosomale Impfstoffe, z.B. Epaxal gegen Hepatitis A oder Inflexal gegen Influenza. Virosomen sind ebenfalls Phospholipidvesikel, die auf der Oberfläche virale Hüllproteine tragen. Über diese Impfstoffe liegen viele Jahre Erfahrung mit einem guten Sicherheitsprofil vor. Sie befinden sich derzeit nicht mehr auf dem Markt, was jedoch nicht auf Sicherheitsbedenken beruht.
Die Struktur der LNP bilden – wie in biologischen Membranen auch – Phospholipide mit darin eingelagertem Cholesterin. Die verschiedenen LNP enthalten darüber hinaus weitere Lipidbestandteile, die spezielle Eigenschaften vermitteln. Da alle Lipide mit körpereigenen Lipiden identisch bzw. ihnen sehr ähnlich sind, gelten LNP als "biologisch abbaubar", d.h., es ist davon auszugehen, dass sie im Körper ähnlich wie Nahrungslipide enzymatisch abgebaut werden und weitgehend in den körpereigenen Fettstoffwechsel eingehen.
Die mögliche Toxizität jeder dieser neuartigen Impfstoffzubereitungen wurde vor der Zulassung in präklinischen Toxizitätstests geprüft.
Sind Mikro-/Nanochips in Impfstoffen enthalten?
Stimmt es, dass in Comirnaty (BioNTech/Pfizer) und Spikevax (Moderna) Hilfsstoffe verwendet werden, die in Arzneimitteln nicht erlaubt sind?
Nein.
Bei den Substanzen ALC-0315 bzw. ALC-0159 im Impfstoff Comirnaty (BioNTech/Pfizer) sowie SM-102 im Impfstoff Spikevax (Moderna) handelt es sich um pharmazeutische Hilfsstoffe. Pharmazeutische Hilfsstoffe können vom Arzneimittelhersteller selbst hergestellt oder von entsprechenden Unternehmen bezogen werden. Solche Substanzen werden teilweise als Laborchemikalien für unterschiedlichste Anwendungen angeboten. Der Hersteller versieht die Produktinformationen zu diesen Laborchemikalien in der Regel mit einem Warnhinweis, dass sie nicht für die Anwendung am Menschen geeignet sind. Dies kann zu der fälschlichen Annahme führen, dass sie generell nicht bei Menschen angewandt werden können.
Sobald solche Substanzen in Arzneimitteln verwendet werden, muss ihre Eignung für die Anwendung am Menschen vom Hersteller und im Rahmen der Arzneimittelzulassung z.B. durch das Paul-Ehrlich-Institut sorgfältig geprüft und bewertet werden. Ein Zulassungsantrag enthält entsprechende Informationen zur Qualität und Herstellung. Die o.g. Prüfung erfolgte auch wie üblich bei der Zulassung der mRNA-Impfstoffe.
Wie wird die Sicherheit der Impfstoffe nach der Zulassung überwacht?
Zum Zeitpunkt der ersten Zulassung sind die Kenntnisse über die Sicherheit der COVID-19-Impfstoffe naturgemäß nicht vollständig, weil sowohl die Dauer der Nachbeobachtung als auch die Anzahl Geimpfter in klinischen Prüfungen begrenzt sind. Möglicherweise konnten nicht alle seltenen oder sehr seltene unerwünschte Wirkungen im Zusammenhang mit der Impfstoffgabe in klinischen Studien erkannt werden. Sie sind für die Gesamtbewertung eines neuen Impfstoffs aber von großer Bedeutung. Neue Erkenntnisse über die Sicherheit von Impfstoffen, insbesondere was sehr seltene Ereignisse angeht, können sich generell noch lange Zeit nach der Zulassung ergeben – bei allen Impfstoffen. Daher hört die Beobachtung der Impfstoffe durch die Expertinnen und Experten der Arzneimittelsicherheit – der Pharmakovigilanz – auch nach der Zulassung nie auf.
Zu den Routinemaßnahmen der Pharmakovigilanz nach der Zulassung gehören die Erfassung und Bewertung der Verdachtsfallmeldungen von Impfnebenwirkungen bzw. Impfkomplikationen. Die Meldungen werden zentral sowohl beim Paul-Ehrlich-Institut als auch in der europäischen Datenbank EudraVigilance für ganz Europa erfasst und ausgewertet. Der Zulassungsinhaber muss darüber regelmäßig Sicherheitsberichte erstellen, die von den Zulassungsbehörden in der Europäischen Union gemeinsam bewertet werden. Als Teil der Zulassung hat der Zulassungsinhaber sogenannte Risiko-Management-Pläne vorzulegen, in denen zusammengefasst wird, was über die Sicherheit der Impfstoffe bekannt und was noch nicht bekannt ist. Außerdem hat er genau zu beschreiben, mit welchen Maßnahmen – beispielsweise durch weitere Studien nach der Zulassung – und in welcher Zeit die noch vorhandenen Wissenslücken geschlossen werden. Bei diesen Wissenslücken kann es sich z.B. um die Sicherheit in bestimmten Personengruppen handeln, die nicht ausreichend in klinischen Prüfungen vertreten waren.
Bei COVID-19-Impfstoffen werden zudem auch von Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts weitere zusätzliche Studien durchgeführt. Dazu gehört unter anderem eine Studie unter Verwendung der Smartphone-App SafeVac 2.0, mit deren Hilfe die Verträglichkeit der einzelnen COVID-19-Impfstoffprodukte weiter untersucht werden soll. Die Teilnahme durch Verwendung der App ist freiwillig.
Wann beginnt der Impfschutz mit den zugelassenen COVID-19-Impfstoffen?
In den klinischen Prüfungen zur Zulassung der jeweiligen Impfstoffe wurde der vollständige Impfschutz gegenüber einer COVID-19-Erkrankung sieben bis fünfzehn Tage nach der zweiten Impfung bzw. zwei Wochen nach der einmaligen Impfung mit COVID-19 Vaccine Janssen festgestellt. Ein gewisser Schutz vor COVID-19 war jedoch bei allen Impfstoffen schon nach der ersten Impfung zu verzeichnen.
Sollen sich Allergikerinnen und Allergiker impfen lassen?
Nach derzeitigem Kenntnisstand können sich Allergikerinnen und Allergiker, beziehungsweise Menschen, bei denen schon einmal eine starke allergische Reaktion (Anaphylaxie) aufgetreten ist, mit allen zugelassenen Impfstoffen gegen COVID-19 impfen lassen. Es liegt kein erhöhtes Risiko für schwerwiegende unerwünschte Wirkungen vor. Eine Ausnahme stellt eine vorbekannte Allergie auf einen Inhaltsstoff des speziellen COVID-19 Impfstoffs oder eine schwere Unverträglichkeitsreaktion auf die vorangegangene Gabe des COVID-19 Impfstoffs dar. In diesem Fall wird eine allergologische Abklärung empfohlen und es kann in aller Regel auf einen anderen COVID-19 Impfstoff ausgewichen werden.
Generell gilt: Bei allen Impfstoffen können nach Anwendung in sehr seltenen Fällen schwerwiegende allergische Reaktionen auftreten. Im Anschluss an die Impfung soll daher jede Person 15 Minuten beobachtet werden, um sie im Falle einer allergischen Reaktion entsprechend medizinisch behandeln zu können. Sollten bei der zu impfenden Person in der Vergangenheit schon einmal Anaphylaxien oder schwere allergische Reaktionen nach der Gabe von Medikamenten oder anderen Impfstoffen aufgetreten sein, wird die Beobachtungszeit gegebenenfalls auf 30 Minuten erhöht werden.
Von der Einnahme von Antiallergika vor der Impfung wird abgeraten, da eine eventuelle allergische Reaktion in diesem Fall verzögert und außerhalb des Überwachungszeitraums von 15 beziehungsweise 30 Minuten auftreten könnte.
Im seltenen Fall einer schwerwiegenden anaphylaktischen Reaktion nach der ersten oder zweiten Impfdosis sollte eine weitere Dosis nicht verimpft werden.
Können COVID-19-mRNA-Impfstoffe die Fruchtbarkeit beeinträchtigen?
Es gibt keine Hinweise aus den nichtklinischen Untersuchungen der zugelassenen COVID-19-mRNA-Impfstoffe, dass eine Impfung zu einer Beeinträchtigung der weiblichen oder männlichen Fruchtbarkeit (Fertilität) führen könnte.
Wie für jede Arzneimittelzulassung in der EU erforderlich, wurden auch hier vor der Anwendung am Menschen verschiedene Untersuchungen zur möglichen Toxizität an Tieren durchgeführt. Potenziell schädliche Wirkungen von wiederholten Impfungen auf Fruchtbarkeit, Schwangerschaft und Embryonalentwicklung wurden jeweils in einer speziellen, sehr umfangreichen Studie an weiblichen Ratten gemäß internationaler Richtlinien untersucht (sogenannte DART (Developmental and Reproductive Toxicity)-Studie). Diese Studien zeigen keinen Hinweis auf eine Beeinträchtigung der weiblichen Fruchtbarkeit durch die Impfstoffe. Außerdem wurden in den Toxizitätstudien mit wiederholter Gabe einer erhöhten Impfstoffdosis (sogenannte “repeat-dose toxicity study“) bei den nachfolgenden umfassenden feingeweblichen (histopathologischen) Untersuchungen keine Impfstoff-bezogenen Veränderungen in weiblichen oder männlichen Fortpflanzungsorganen (Eierstöcke oder Hoden) beobachtet.
Mit dieser Datenlage ist im Rahmen einer Arzneimittelzulassung die bestmögliche Sicherheit für den Ausschluss von Schäden an Fortpflanzungsorganen und von einer Beeinträchtigung der Fortpflanzung beim Menschen gewährleistet.
Die durchgeführten Untersuchungen und deren Bewertung sind den veröffentlichten Bewertungsberichten (European public assessment report, EPAR) der Europäischen Arzneimittelagentur EMA (European Medicines Agency) zu entnehmen. Die (englischsprachigen) EPARs können auf www.pei.de/covid-19-impfstoffe in der rechten Spalte abgerufen werden. Über weitere Studien berichtet das Robert Koch-Institut unter "Macht die COVID-19-Impfung Frauen oder Männer unfruchtbar?"
Aktualisiert: 01.06.2022
Besteht das Risiko, dass die DNA aus Vektorimpfstoffen in das menschliche Genom integriert werden kann?
Die COVID-19-Impfstoffe Vaxzevria von AstraZeneca und COVID-19 Vaccine Janssen bestehen aus viralen Vektoren, abgeleitet von Adenoviren (Erkältungsviren). Das Erbgut des Adenovektors wurde jeweils so modifiziert, dass keine Virusvermehrung in menschlichen Zellen möglich ist und gleichzeitig das Gen mit dem Bauplan des Antigens (Immunreaktion-hervorrufender Erregerbestandteil) in menschliche Zellen übertragen wird. Nach adenoviralem Gentransfer wird in einigen wenigen Körperzellen das optimierte Oberflächenprotein des SARS-Coronavirus-2, das Spikeprotein, hergestellt und dem Immunsystem präsentiert. Adenovirale Vektoren gelten generell als nichtintegrierende Vektoren, d.h. sie integrieren ihr Erbgut nicht ins Zellgenom. Das Genom der COVID-19-Vektorimpfstoffe auf Basis nicht vermehrungsfähiger Adenoviren verbleibt ebenso wie das anderer Adenoviren außerhalb der menschlichen DNA (extrachromosomal) im Zellkern.
Auch vor dem Hintergrund, dass sich die adenoviralen Vektoren – anders als die natürlichen Erkältungsviren – aufgrund genetischer Veränderungen nicht im Impfling vermehren können und schnell vom Körper eliminiert werden, besteht nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft kein Risiko der Integration der Adenovirus-Vektor-DNA in das menschliche Genom.
Aktualisiert: 01.06.2022
Können COVID-19-Impfungen mit einem mRNA- oder Vektorimpfstoff schädigende Zellfusionen verursachen?
Die Antwort ist eindeutig nein.
Es ist inzwischen bekannt, dass das Spikeprotein des Coronavirus SARS-CoV-2 bei Kontakt mit menschlichen Zellen dazu führt, dass die Zellen mit benachbarten verschmelzen (fusionieren) und teilweise absterben. Solche verschmolzenen Zellen fanden sich in den Lungen von an COVID-19 verstorbenen Patientinnen und Patienten.
Mit dieser Erkenntnis wurde die Frage laut, ob möglicherweise Impfstoffe, die zur Bildung des Spikeproteins führen, ebenfalls zu solchen klinisch relevanten Membranfusionen führen können.
Bei der Impfung mit den in Deutschland verfügbaren COVID-19-Impfstoffen (mRNA-Impfstoffe oder Vektorimpfstoffe) bekommen einige wenige Körperzellen einmalig fremde genetische Information zugeführt. Sie besteht aus mRNA (mRNA-Impfstoffe) oder durch harmlose Erkältungsviren übertragene DNA (Vektorimpfstoffe). Die genetische Information wird von den betroffenen Zellen in Protein übersetzt. Sie bilden das Spikeprotein des Coronavirus. Weil sich die Impfstoffe im Gegensatz zu dem Coronavirus SARS-CoV-2 nicht vermehren, bleibt die Menge des Spikeproteins gering und ist nur lokal vorhanden. Schon aufgrund der geringen Anzahl von Zellen, in die die genetische Information für den Bau des Spikeproteins durch Impfung gelangt, sind keinerlei klinischen Effekte zu erwarten.
Die klinischen Studien in zehntausenden von geimpften Probandinnen und Probanden haben die Sicherheit der Impfstoffe belegt. Auch in den regelmäßig vom Paul-Ehrlich-Institut veröffentlichten Sicherheitsberichten finden sich keine Hinweise auf Impfkomplikationen dieser Art.
Membranfusionen sind ein natürlicher Vorgang, der Zellen dazu dient, Stoffe wie Hormone, Neurotransmitter und Abfall zu ihrem Bestimmungsort zu transportieren. Diesen Vorgang nutzen auch Viren, um in neue Zellen einzudringen.
Was ist VAED?
VAED steht für Vaccine-Associated Enhanced Disease – eine Impfstoff-assoziierte verstärkte Infektionskrankheit. Sie kann zum einen durch das Auftreten sogenannter infektionsverstärkender Antikörper (Antibody-Dependent Enhancement, ADE) verursacht werden. Zum anderen kann sie durch eine Impfstoff-assoziierte Hypersensitivität (Vaccine-Associated Hypersensitivity, VAH) hervorgerufen werden. An diesen Prozessen ist die Verschiebung des Gleichgewichts zwischen verschiedenen Immunzellen, den sogenannten Typ1- und Typ2-T-Helferzellen beteiligt, was wiederum Konsequenzen für die Ausschüttung wichtiger Botenstoffe des Immunsystems hat.
VAED ist im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Impfstoffkandidaten gegen Lungenentzündung bei Kindern durch das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) vor mehr als 50 Jahren (1967) aufgetreten. Dort fiel in den klinischen Prüfungen eine verstärkte RSV-Erkrankung mit Entzündungszeichen bei Geimpften auf. Die Entwicklung des Impfstoffs wurde aus diesen Gründen frühzeitig abgebrochen.
Ist es möglich, dass Qualitätsmängel einzelner Chargen (Produktionseinheiten) Nebenwirkungen und Impfkomplikationen verursachen und würde dies erkannt werden?
Proben jeder Charge eines Impfstoffs werden von einem europäischen Kontrolllabor (Official Medicines Control Laboratory, OMCL) experimentell geprüft. Nur wenn sie die im Zulassungsdokument genannten Kriterien und Spezifikationen erfüllen, erteilt das Paul-Ehrlich-Institut die staatliche Chargenfreigabe für den deutschen Markt. So ist die hohe Qualität der Impfstoffprodukte auch für jede Impfstoffcharge gesichert. Bis heute gibt es keinen Hinweis darauf, dass einzelne Chargen mit einer höheren Anzahl von Nebenwirkungen oder anderen spezifischen Nebenwirkungen assoziiert waren.
Wo finde ich Informationen darüber, welche Stoffe in Impfstoffen enthalten sind?
Die Inhaltsstoffe sind unter anderem in der Fachinformation aufgeführt.
In der "Guideline on Summary of Product Characteristics (SmPC)" der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) ist festgelegt, was in der Zusammenfassung der Merkmale eines jeden Arzneimittels (Summary of Product Characteristics, SmPC), also in der Fachinformation, aufgeführt werden muss.
Detaillierte Angaben finden sich unter:
- Punkt 2: Qualitative und quantitative Zusammensetzung
Hier werden der/die Wirkstoff/e, d.h. die aktiven Substanzen genannt: Die Angaben erfolgen qualitativ und quantitativ, das heißt nach Art und Menge.
Unter Punkt 2 fallen bei Impfstoffen auch Wirkverstärker, sogenannte Adjuvanzien. Sie sind per Definition zwar Hilfsstoffe (siehe Punkt 6.1). Allerdings sind Hilfsstoffe, die in dem „Annex to the European Commission guideline on ‘Excipients in the labelling and package leaflet of medicinal products for human use“ aufgeführt sind, qualitativ und quantitativ auch unter Punkt 2 der Fachinformation aufzuführen. - Punkt 4.3: Gegenanzeigen
Hier werden Umstände genannt, unter denen das Arzneimittel aus Sicherheitsgründen nicht eingesetzt werden soll. Dazu gehört die Warnung vor Anwendung bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Hier werden z.B. Bestandteile genannt, die zu allergischen Reaktionen führen können. - Punkt 6.1: Liste der sonstigen Bestandteile
Hier werden Hilfsstoffe genannt. Gemäß Europäischem Arzneibuch (Ph. Eur.) 10.7 ist ein Hilfsstoff jeder Bestandteil eines Arzneimittels, der kein Wirkstoff ist (Beispiele: Adjuvanzien, Stabilisatoren, antimikrobielle Konservierungsmittel, Verdünnungsmittel, Antioxidantien). Adjuvanzien werden unter Punkt 2 genannt (s.o.).
Rückstände aus der Herstellung oder Verunreinigungen müssen nicht angegeben werden, wenn von diesen keine erkennbaren Risiken ausgehen.
Angegeben werden Rückstände, mit denen ein Risiko verbunden sein könnte, wie beispielsweise Antibiotikaspuren oder Spuren von Hühnereiweiß wegen möglicher anaphylaktischer Reaktionen (schwere Immunreaktionen). Diese Stoffe müssen ebenfalls unter Punkt 2 (qualitativ, nicht quantitativ) genannt werden. Zu solchen Stoffen gibt es einen Warnhinweis unter Punkt 4.4 als Vorsichtsmaßnahme, um das Risiko bei der Anwendung zu reduzieren.
Elementare Verunreinigungen
Elementare Verunreinigungen in Arzneimitteln (z.B. Metallspuren) werden bis zu bestimmten Grenzen als akzeptabel betrachtet. Dies ist im Leitfaden ICH Q3D Elemental impurities geregelt.
Darin sind in den Tabellen A.2.1 und A.2.2 die sogenannten PDE-Werte (permitted daily exposure; erlaubte tägliche Exposition) in Mikrogramm (µg)/Tag für verschiedene Elemente angeführt.
Darüber hinausgehende Mengen sind vom Antragsteller in Ausnahmefällen zu rechtfertigen. Ein Gehalt an elementaren Verunreinigungen, der über einem festgelegten PDE-Wert (siehe Tabelle A.2.1) liegt, kann in bestimmten Fällen akzeptabel sein. Zu diesen Fällen gehören unter anderem die folgenden Situationen: intermittierende (zeitweilig aussetzende) Verabreichung, kurzfristige Verabreichung (d. h. 30 Tage oder weniger), besondere Indikationen (z. B. lebensbedrohliche Erkrankungen, ungedeckter medizinischer Bedarf, seltene Krankheiten).
Wenn Dosen einer Impfstoffcharge (Produktionseinheit) zu hohe Konzentrationen an elementaren Verunreinigungen enthalten, die nicht unter die oben genannten Ausnahmefälle fallen, erhält die Impfstoffcharge keine staatliche Chargenfreigabe für Deutschland durch das Paul-Ehrlich-Institut.
Aktualisiert: 28.03.2024
Post-Vac-Syndrom
Der Begriff "Post-Vac-Syndrom" wird im Zusammenhang mit bestimmten Beschwerden nach einer COVID-19-Impfung verwendet, die zum Teil den beschriebenen Symptomen bei Long COVID ähneln.
Es gibt für diesen Begriff bisher noch keine international anerkannte, standardisierte Falldefinition. Auch die Ursache für die Entstehung des Erkrankungsbildes Post-Vac-Syndrom ist bisher nicht bekannt. Dasselbe gilt auch für die Ursachen eines Long COVID-Syndroms.
Die Aufnahme und Kategorisierung von Verdachtsmeldungen erfolgt grundsätzlich nach den international abgestimmten Kodierungen des "Medical Dictionary for Regulatory Activities" (MedDRA). So können alle Meldungen elektronisch und einheitlich erfasst werden, die diesen Kodierungen entsprechen.
Das Paul-Ehrlich-Institut hat Auswertungen internationaler Verdachtsfallmeldungen aus 36 Staaten anhand der Nebenwirkungsdatenbank bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA (EudraVigilance-Datenbank) vorgenommen. Das Paul-Ehrlich-Institut hat dabei nach Verdachtsfallmeldungen zu Chronic Fatigue Syndrome, Postural Orthostatic Tachycardia Syndrome, Post-Acute COVID-19 Syndrome und Post-Vaccination Syndrome gesucht. Angesichts der großen Anzahl von durchgeführten Impfungen ist die Anzahl der Verdachtsfallmeldungen nicht ungewöhnlich hoch, ein Risikosignal ergibt sich auf der Basis der nationalen und internationalen Meldungen bislang nicht.
Weltweit gibt es inzwischen Erfahrungen mit teilweise milliardenfachen COVID-19-Impfungen in sehr unterschiedlichen Gesundheitssystemen (Skandinavien, USA, Asien, Israel etc.). Daher ist davon auszugehen, dass neue Risikosignale generell sehr schnell entdeckt würden. Beispiele dafür sind die nachgewiesenen, sehr seltenen (<1/10.000) Nebenwirkungen:
- anaphylaktische Reaktionen,
- das Thrombose-mit-Thrombozytopenie Syndrom (TTS) nach Adenovektor-Impfstoffen, insbesondere bei Personen unter 50 Jahren,
- Myokarditis hauptsächlich bei Personen unter 30 Jahren nach der zweiten Dosis bei mRNA-Impfstoffen und
- das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) bei den Adenovektor-Impfstoffen.
Zudem gibt es inzwischen Untersuchungen, die nahelegen, dass eine COVID-19-Impfung eine schützende Wirkung vor Long COVID haben kann.
So war in einer Studie des Office for National Statistics im Vereinigten Königreich (UK), in der Patientinnen und Patienten befragt wurden, das Risiko für Long COVID bei geimpften Personen, die nach der Impfung eine SARS-CoV-2-Infektion mitgemacht haben, geringer als bei ungeimpften, infizierten Personen.
Grundsätzlich muss zur wissenschaftlichen Einordnung und Bewertung des "Post-Vac-Syndrom" berücksichtigt werden, dass weitere methodisch robuste Untersuchungen bzw. Studien erforderlich sind. Nur so können verlässliche Erkenntnisse gewonnen werden, was sowohl Long COVID bzw. Post COVID-19 nach der durchgemachten Infektion sowie die aktuell als Post-Vac-Syndrom bezeichneten Reaktionen nach COVID-19-Impfung mit sehr ähnlichen Symptomen wie bei Long COVID verursachen könnte.
Wozu dienen Observed-versus-Expected-Analysen?
Die Observed-versus-Expected-Analyse (OvE-Analyse) ist eine in der Pharmakovigilanz international anerkannte Methode zur Risikosignaldetektion.
Aktualisiert: 04.10.2022
Wie funktioniert die Observed-versus-Expected-Analyse?
Die Methode, die das Paul-Ehrlich-Institut verwendet, wurde bereits vor Jahren in einem Peer-Review-Journal publiziert (von Kries R et al. 2005, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15602672/).
Zunächst wird die Anzahl der innerhalb eines plausiblen Zeitintervalls nach Impfung mit einem bestimmten Impfstoffprodukt gemeldeten Fälle eines bestimmten, zu untersuchenden Ereignisses wie z.B. einer ärztlich diagnostizierten Myokarditis festgestellt (observed-Anzahl; Anzahl der Verdachtsfallmeldungen an das Paul-Ehrlich-Institut, in denen das unerwünschte Ereignis mit seinem Auftreten innerhalb von x Tagen nach erfolgter Impfung mit einem bestimmten Impfstoffprodukt berichtet wurde).
Dann wird berechnet, wie viele Ereignisse basierend auf der Hintergrundinzidenz für das zu untersuchende unerwünschte Ereignis (Anzahl Fälle pro 100.000 pro Jahr) innerhalb desselben Zeitintervalls von x Tagen in der mit dem jeweiligen Impfstoff immunisierten Population unabhängig von der gegebenen Impfung erwartet würden (expected-Anzahl). Dies ist die Anzahl impfungsunabhängiger Ereignisse auf Basis der Hintergrundinzidenz des Ereignisses, unabhängig von der o.g. Impfung in einer vergleichbaren Bevölkerungsgruppe. Die Hintergrundinzidenz eines Ereignisses kann öffentlichen validen Statistiken oder begutachteten (peer review) wissenschaftlichen Publikationen entnommen werden. Im Anschluss erfolgt eine Division der observed-Anzahl durch die expected-Anzahl (observed versus expected, OVE). Für den so erhaltenen Wert (Punktschätzer) wird ein 95 %-Konfidenzintervall (Poisson) berechnet.
Ein Standardisiertes Morbiditätsverhältnis (Standardised Morbidity Ratio, SMR) mit einem unteren 95 %-Konfidenzintervall ≥ 1 weist auf ein Risikosignal hin, das allerdings durch zusätzliche Untersuchungen weiter analysiert werden muss, da der Vergleich von Spontanmeldungen mit den bekannten Inzidenzen aus anderen Studien wegen verschiedenster methodischer Limitationen explorativen Charakter hat.
In die OvE-Berechnung gehen alle Verdachtsfallmeldungen zu einem bestimmten Ereignis bis zum Tag der Auswertung (einschließlich) innerhalb des gewählten, plausiblen Zeitintervalls zwischen der jeweiligen Impfung und dem Auftreten erster Symptome des Ereignisses (time to onset, TTO) ein.
In Ergänzung zur OvE-Analyse bewertet das Paul-Ehrlich-Institut die einzelnen Verdachtsmeldungen nach dem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Bewertungsalgorithmus für Kausalität zwischen Impfung und unerwünschtem Ereignis (https://www.who.int/publications/i/item/9789241516990). Die OvE-Analyse lässt diese Einzelfallbewertungen unberücksichtigt und bezieht alle Verdachtsfallmeldungen ein.
Aktualisiert: 04.10.2022
Welche Limitationen sind bei der Observed-versus-Expected-Analyse zu beachten?
Zu beachten ist, dass die Observed-versus-Expected-Analyse (OvE-Analyse) auf ein Risikosignal hinweist, wobei aber erst weitere Untersuchungen zeigen, ob tatsächlich ein Risiko vorliegt oder auch nicht. Eine OvE-Analyse eignet sich jedoch nicht für die Bestätigung eines Risikos. Ein Risikosignal, das z.B. durch eine OvE-Analyse ermittelt wurde, sollte durch zusätzliche Studien weiter untersucht werden (Guideline in good vigilance practices (GVP) Product- or Population-Specific Considerations I: Vaccines for prophylaxis against infectious diseases EMA/488220/2012 Corr*).
Unterschiedliche Angaben zu Hintergrundinzidenzen in der Literatur, fehlende Informationen bezüglich des Intervalls zwischen Impfung und Symptombeginn sowie der Exposition, Meldeverzug und etwas kürzere Nachbeobachtungszeiten für zuletzt verimpfte Dosen stellen Limitationen der OvE-Analyse dar. Zudem können Altersstratifizierungen nur soweit durchgeführt werden, wie Daten aus der Literatur zur Hintergrundinzidenz in einzelnen Altersgruppen vorhanden sind. Daher unterscheiden sich die einzelnen Analysen auch hinsichtlich der dargestellten Altersgruppen.
Aktualisiert: 16.04.2024