Welchen Nutzen hat es, Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen zu erfassen und zu bewerten?
Das sogenannte Spontanmeldesystem ist ein Baustein bei der Überwachung der Impfstoffsicherheit. Die Erfassung/Registrierung und Bewertung von an das Paul-Ehrlich-Institut gemeldeten Verdachtsfällen von Impfstoffnebenwirkungen und Impfkomplikationen dient dazu, mögliche Risikosignale frühzeitig zu erkennen und ggf. Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen, zu koordinieren oder zu veranlassen.
Verdachtsfallmeldungen unterliegen seitens des Paul-Ehrlich-Instituts nicht einer individuell medizinisch-klinischen Begutachtung.
Ergänzt werden die Daten aus der Spontanerfassung durch Daten der in den Zulassungen festgelegten regelmäßigen Unbedenklichkeitsberichten – den sogenannten Periodic Safety Update Reports (PSURs) –, die die pharmazeutischen Unternehmen (Zulassungsinhaber) den Gremien bei der Geschäftsstelle der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) und damit auch den nationalen Arzneimittelbehörden vorlegen müssen.
Sollte sich für ein zugelassenes Impfstoffprodukt der Hinweis auf ein neues Risikosignal ergeben, wird das Paul-Ehrlich-Institut ggf. Maßnahmen zur Risikominimierung ergreifen, veranlassen oder ggf. im Verbund mit den Schwesterarzneimittelbehörden in den Gremien der EMA koordinieren und darüber berichten.
Verdachtsfälle von Nebenwirkungen sind nicht identisch mit Nebenwirkungen, wie sie in den Produktinformationen aufgeführt werden.
Aktualisiert: 05.08.2024
Wer meldet Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfungen?
Wie auch bei anderen Arzneimitteln in der Zuständigkeit des Paul-Ehrlich-Instituts erhält das Paul-Ehrlich-Institut Meldungen von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen nach Impfungen von folgenden Quellen:
- Nach dem Infektionsschutzgesetz über die Gesundheitsämter. Ärztinnen und Ärzte sowie Leiterinnen und Leiter der Apotheken, die Impfungen durchführen, sind gesetzlich verpflichtet, Impfkomplikationen, d.h. gesundheitliche Beschwerden, die über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehen und nicht eindeutig auf andere Ursachen zurückzuführen sind, namentlich dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden, das wiederum unverzüglich und in pseudonymisierter Form (d.h. ohne Angaben des Namens und der Adresse der Patientin bzw. des Patienten) an das Paul-Ehrlich-Institut meldet.
- Von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK).
- Von den Zulassungsinhabern über die Eudravigilance-Datenbank bei der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA).
- Direkt von Ärztinnen und Ärzten.
- Von geimpften Personen bzw. deren Angehörigen.
Aktualisiert: 19.04.2024
Was geschieht mit den Verdachtsfallmeldungen von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen?
Das Paul-Ehrlich-Institut fasst Verdachtsfallmeldungen zu Nebenwirkungen und Impfkomplikationen, die es erhält, zusammen. Im Sinne der frühzeitigen Erkennung möglicherweise neuer Risikosignale ist es wichtig, die Meldeschwelle niedrig anzusetzen. Dafür sind auch Verdachtsfallmeldungen, die in rein zeitlichem und nicht notwendigerweise in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung stehen, bedeutsam. Das Paul-Ehrlich-Institut holt zu einer großen Zahl von Berichten zusätzliche Informationen ein. Außerdem erhält das Paul-Ehrlich-Institut aus unterschiedlichen Meldequellen weitere Daten zu Verdachtsfallmeldungen. Es wird stets der aktuelle Stand der Informationen analysiert.
Um mögliche Risikosignale frühzeitig erkennen zu können, führt das Paul-Ehrlich-Institut fortlaufend eine sogenannte Observed-versus-Expected-Analyse (OvE-Analyse) durch. Dabei wird die Häufigkeit der dem Paul-Ehrlich-Institut nach Impfung gemeldeten unerwünschten Ereignisse mit den statistisch zufälligen und zu erwartenden Häufigkeiten in einer vergleichbaren (nicht geimpften) Bevölkerung unter Berücksichtigung verschiedener Zeitfenster verglichen. Ergibt sich eine signifikant höhere Melderate für ein Ereignis nach Impfung, als es statistisch zufällig in einer vergleichbaren Population zu erwarten wäre, geht das Paul-Ehrlich-Institut von einem möglichen Risikosignal aus, das dann durch zusätzliche, zumeist epidemiologische Studien weiter untersucht werden sollte.
Die Meldedaten fließen zudem in die Europäische Datenbank für Verdachtsfallmeldungen von Nebenwirkungen, der EudraVigilance-Datenbank bei der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA), ein, damit sie auch bei Risikoanalysen auf EU-Ebene berücksichtigt werden können.
Aktualisiert: 30.08.2024
Wie wird eine Verdachtsfallmeldung zu einer Nebenwirkung bewertet?
Eine Verdachtsfallmeldung zu einer Nebenwirkung wird vom Paul-Ehrlich-Institut nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) bewertet.
Die WHO stellt für die Kausalitätsbewertung einer Nebenwirkung nach Impfung (assessment of an adverse event following immunization, AEFI) im Nutzerhandbuch der überarbeiteten WHO-Klassifizierung fest:
„Die Kausalitätsbewertung ist die systematische Überprüfung von Daten über ein unerwünschtes Ereignis nach einer Impfung; sie zielt darauf ab, die Wahrscheinlichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Ereignis und dem/den erhaltenen Impfstoff(en) zu bestimmen. Für den Einzelfall wird versucht, die anhand der Vorgeschichte und des zeitlichen Rahmens des Ereignisses verfügbaren Hinweise zu nutzen, um zu einer Kausalwahrscheinlichkeit zu gelangen. (...) Die Kausalitätsbewertung belegt oder widerlegt in der Regel nicht den Zusammenhang zwischen einem Ereignis und der Impfung. Sie soll helfen, den Grad der Gewissheit eines solchen Zusammenhangs zu bestimmen. Ein eindeutiger kausaler Zusammenhang oder das Fehlen eines Zusammenhangs kann für ein einzelnes Ereignis oft nicht festgestellt werden ."
(Übersetzung des Paul-Ehrlich-Instituts)
Bei der Bewertung der Verdachtsfallmeldungen zu Nebenwirkungen geht es also nicht um die abschließende Bewertung der einzelnen Meldungen.
Aktualisiert: 05.08.2024
Durch die Möglichkeit, auf unterschiedlichen Wegen Verdachtsfälle zu melden, sind doch Mehrfachmeldungen zu dem gleichen Verdachtsfall möglich?
Ja, Mehrfachmeldungen sind möglich. Sie werden in der Datenbank jedoch zusammengeführt. Dies kann im Einzelfall auch mit zeitlichem Verzug geschehen, wenn erst durch Recherchen zu der Meldung offensichtlich wird, dass es sich um eine Doppelmeldung handelt.
Aktualisiert: 28.03.2024
Erhalten Meldende einer Verdachtsfallmeldung von Nebenwirkungen eine individuelle Rückmeldung vom Paul-Ehrlich-Institut?
Personen, die ihre Meldungen über www.nebenwirkungen.bund.de an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) vornehmen, erhalten nach Übermittlung der Meldung automatisch eine Eingangsbestätigung und eine spezifische PEI-Nummer. Diese PEI-Nummer dient jedoch nicht der persönlichen Kontaktaufnahme mit der geimpften Person bzw. deren Angehörigen, sondern nur für eventuelle Rückfragen seitens des Paul-Ehrlich-Instituts.
Das Spontanmeldesystem mit der Erfassung der Verdachtsfallmeldungen von Nebenwirkungen dient in erster Linie dazu, Hinweise auf mögliche bisher unbekannte Nebenwirkungen in Form von Risikosignalen zu erhalten. Die Einzelfallmeldungen dienen dazu, eine Gesamtbewertung der entsprechenden Arzneimittel vorzunehmen. Sie dienen aber nicht dazu, die einzelnen Meldungen individuell zu beurteilen und persönliche Rückmeldungen zu den Einzelfällen zu geben.
Das Paul-Ehrlich-Institut ist keine klinische Einrichtung und kann daher keine individuelle Impfberatung oder anderweitige Rückmeldung anbieten. Insbesondere Empfehlungen zur Diagnose und Therapie sind nicht möglich, denn für eine medizinische Beratung sind viele Faktoren von Bedeutung, die nur im persönlichen Kontakt zwischen der Ärztin bzw. dem Arzt und der Patientin bzw. dem Patienten angemessen berücksichtigt werden können. Bitte wenden Sie sich mit diesen Fragestellungen an Ihre behandelnde Ärztin bzw. Ihren behandelnden Arzt.
Aktualisiert: 30.08.2024
Warum veröffentlicht das Paul-Ehrlich-Institut die Anzahl von Verdachtsfallmeldungen, aber keine Zahlen zu bestätigten Verdachtsfällen?
Das Paul-Ehrlich-Institut erfasst und bewertet Verdachtsfallmeldungen zu möglichen Impfnebenwirkungen und Impfkomplikationen im Rahmen des sogenannten Spontanmeldesystems, eine wichtige Säule der Arbeit der Arzneimittelsicherheit. Dieses Spontanmeldesystem hat die Funktion, Risikosignale – Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einer unerwünschten Reaktion und der Arzneimittelgabe oder Impfung – möglichst rasch zu erkennen, denen dann durch weitere Untersuchungen nachgegangen wird.
Im Falle eines Risikosignals erfolgen weitere Nachforschungen, ob es sich bei der beschriebenen Reaktion tatsächlich um eine vom Arzneimittel verursachte Nebenwirkung handelt. Das Paul-Ehrlich-Institut arbeitet bei der Bewertung von Risikosignalen eng mit den EU-Behörden zusammen.
Auf der Grundlage dieser Verdachtsfallmeldungen an das Paul-Ehrlich-Institut lassen sich keine Rückschlüsse auf die Häufigkeit der unerwünschten Reaktionen oder einen bestehenden kausalen Zusammenhang mit der Gabe eines Impfstoffs oder Therapeutikums ziehen, weil
- unerwünschte Reaktionen auch zufällig nach Gabe eines Impfstoffs oder Therapeutikums auftreten und dann gemeldet werden können.
- es im Sinne der raschen Detektion von möglichen neuen Risikosignalen ausdrücklich erwünscht ist, dass auch solche Reaktionen berichtet werden, deren Zusammenhang mit der Impfung fraglich sind (niederschwelliges Melden).
- die Meldungen häufig nicht vollständig sind und die Bewertung einer unerwünschten Reaktion in einem Einzelfall sich mit weiteren medizinischen Informationen zu einer Meldung und/oder neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen ändern kann.
Aktualisiert: 05.08.2024
Was ist bei der Nutzung der öffentlichen Daten zu Verdachtsfallmeldungen von Nebenwirkungen zu beachten?
Wohlwissend, dass die gemeldeten Informationen zu Fehlinterpretationen führen können, veröffentlicht das Paul-Ehrlich-Institut angesichts des erhöhten Informationsbedürfnisses einiger Teile der Bevölkerung und zugunsten einer größtmöglichen Transparenz die gemeldeten Verdachtsfälle von Nebenwirkungen nach Arzneimittelgesetz (AMG) und/oder Impfkomplikationen nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) nach Anwendung von COVID-19-Impfstoffen auf seiner Website. Die Informationen werden aus Gründen der Nutzerfreundlichkeit im Excel-Format angeboten, zuletzt ergänzt um die Chargenbezeichnungen (sofern vorhanden). Das Paul-Ehrlich-Institut weist im Besonderen auch auf den Disclaimer-Text vor dem Download der Tabellen und auf die Erläuterungen innerhalb der Tabellen in Zeile 1 hin.
Daten zu Arzneimittelnebenwirkungen
Das Paul-Ehrlich-Institut stellt im Folgenden der interessierten Öffentlichkeit die wichtigsten Fakten inklusive Erläuterungen im Umgang mit der Nutzung der veröffentlichten Verdachtsfallmeldungen von Nebenwirkungen zur Verfügung, um Fehlinterpretationen vorzubeugen.
Das Spontanmeldesystem ist ein wichtiges Instrument der Pharmakovigilanz zur Signaldetektion. Die Chargennummern haben für die routinemäßige Signaldetektion keine primäre Bedeutung.
Spontanmeldungen sind ein wichtiges Instrument in der Pharmakovigilanz, um neue Risikosignale zu detektieren, denen z. B. mittels genauerer Analysen und einem Abgleich mit Daten aus vorhandenen klinischen Studien oder Literaturveröffentlichungen nachgegangen werden kann. Um das freiwillige Meldeverhalten zu fördern und unabhängig von dem Vorliegen detaillierter Informationen das Melden eines Verdachtsfalls einer Nebenwirkung jedem zu ermöglichen, ist die Meldung eines Verdachtsfalls für die Meldenden einfach und unkompliziert gestaltet. Sie umfasst die Informationen, die von den Meldenden ohne Umstände bereitgestellt werden können und die im europäischen Kontext der Arzneimittelbewertung zwingend für die Verarbeitung und Bewertung der Meldung erforderlich sind. Die Chargennummern gehören nicht dazu.
Die Chargennummern haben für die routinemäßige Detektion von Signalen keine primäre Bedeutung. Der Ausgangspunkt für die Detektion von Signalen sind die für das Arzneimittel bzw. den Impfstoff gemeldeten Reaktionen. Die Angabe einer konkreten Chargennummer ist aus diesem Grund auch für die Übermittlung an die EudraVigilance-Datenbank, die Verdachtsfalldatenbank der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA), nicht verpflichtend. In der EudraVigilance-Datenbank werden keine Angaben zur Chargennummer veröffentlicht.
Europäische Datenbank gemeldeter Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen
Die Verdachtsfallmeldungen von Nebenwirkungen aus der Spontanerfassung sind nicht geeignet, konkrete Aussagen zur (chargenbezogenen) Häufigkeit von Reaktionen zu treffen.
Das Paul-Ehrlich-Institut hat wiederholt Anfragen aus der Öffentlichkeit erhalten, in denen die Informationen zu Verdachtsfällen von Nebenwirkungen aus der Spontanerfassung als geeignetes Mittel angesehen werden, chargenbezogene Häufigkeiten von Nebenwirkungen von Impfstoffen zu beobachten. Daraus kann die Erwartung entstehen, dass chargenbezogene Auswertungen der Spontanmeldungen standardmäßig durchgeführt werden sollten. Aus wissenschaftlicher Sicht ist diese Sichtweise aber nicht zielführend. Denn die Verdachtsfallmeldungen von Nebenwirkungen aus der Spontanerfassung weisen verschiedene systemimmanente Limitationen auf und sind daher nicht geeignet, konkrete Aussagen zur Häufigkeit von Reaktionen zu treffen. Zudem stellen sie nur einen Baustein bei der Bewertung der Arzneimittelsicherheit dar. So werden die Daten aus der Spontanerfassung durch Informationen aus klinischen oder nicht-interventionellen Studien oder um in der Literatur publizierten Informationen ergänzt und diese Daten im Kontext in den regelmäßigen Unbedenklichkeitsberichten – den sogenannten Periodic Safety Update Reports (PSURs) – diskutiert. Diese Berichte müssen die pharmazeutischen Unternehmen (Zulassungsinhaber) regelmäßig bei der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) vorlegen, die Bewertung und Diskussion der Berichte findet bei den nationalen Arzneimittelbehörden statt.
Im Spontanmeldesystem werden Verdachtsfälle von Nebenwirkungen nach Impfung bzw. Arzneimitteltherapie retrospektiv, basierend auf den einer meldenden Person vorliegenden Informationen, erfasst. Die Anzahl der erfassten Verdachtsfälle von Nebenwirkungen im Spontanmeldesystem ist somit eine Teilmenge der Gesamtheit der tatsächlichen aufgetretenen Nebenwirkungen. Das Paul-Ehrlich-Institut hat im Rahmen des Spontanmeldesystems keine Möglichkeit, die Gesamtzahl der aufgetretenen Verdachtsfälle – also z. B. die Zahl derjenigen Personen, die in Deutschland mit einem bestimmten Impfstoff immunisiert wurden – zu ermitteln. Zusätzlich ist die genaue Anzahl der exponierten Personen nicht bekannt, welche neben der genauen Anzahl an aufgetretenen Nebenwirkungen ebenfalls für die Berechnung einer konkreten Häufigkeit benötigt wird. Aus der Anzahl der Meldungen kann daher schlicht nicht auf die Häufigkeit der Reaktion geschlossen werden. Da in klinischen Studien im Gegensatz zum Spontanmeldesystem diese Informationen vorliegen, ist in diesem Rahmen eine Berechnung der Häufigkeiten des Auftretens einer Nebenwirkung möglich.
Nur für eine begrenzte Anzahl der Verdachtsfallmeldungen, die an das Paul-Ehrlich-Institut gemeldet werden, ist tatsächlich eine valide Impfstoffcharge dokumentiert. Auf Basis der in den Verdachtsfallmeldungen verfügbaren Informationen kann auch nicht auf eine chargenbezogene Häufung geschlossen werden. Eine Hochrechnung ist auf dieser unvollständigen Datenbasis in wissenschaftlich korrekter Weise nicht möglich.
Generell ist es nicht ungewöhnlich, dass die Anzahl von Verdachtsfallmeldungen pro Charge unterschiedlich ist. Das liegt unter anderem daran, dass Chargen ganz unterschiedliche Mengen an Impfstoffdosen umfassen. Darüber hinaus werden die in einer freigegebenen Charge insgesamt enthaltenen Impfstoffdosen auch nicht ausschließlich in einem einzelnen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), wie beispielsweise Deutschland, verimpft.
Insgesamt ist die Sorge, bestimmte Chargen eines COVID-19-Impfstoffs hätten häufiger Nebenwirkungen hervorgerufen als andere, unberechtigt. Das Paul-Ehrlich-Institut weist darauf hin, dass zum Beispiel bei keinem der im Zusammenhang mit der Gabe von COVID-19-Impfstoffen ermittelten Risikosignale – wie dem Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS) nach Gabe von Vektorimpfstoffen oder der Myo-/Perikarditis nach mRNA-Impfstoffen – eine chargenbezogene Häufung festgestellt wurde.
Die gemeldeten Verdachtsfälle sind keine bestätigten Nebenwirkungen, Nebenwirkungen sind nicht mit Impfschäden gleichzusetzen.
Das Paul-Ehrlich-Institut veröffentlicht Verdachtsfallmeldungen von Nebenwirkungen, die es im Rahmen des Spontanmeldeystems, einem der Bausteine der Pharmakovigilanz, erhält. Mit diesen Meldungen sollen Hinweise auf Signale für mögliche Risiken der Impfstoffe frühzeitig erkannt werden. Es handelt sich nicht um bestätigte Nebenwirkungen. Dabei ist zu beachten, dass unerwünschte Reaktionen oftmals im zeitlichen, nicht aber unbedingt im ursächlichen Zusammenhang mit einer Impfung gemeldet werden. Bestätigte Nebenwirkungen sind in den Produktinformationen der Impfstoffe aufgeführt. Die an das Paul-Ehrlich-Institut gemeldeten Reaktionen sind auch nicht gleichzusetzen mit einem Impfschaden.
Nach § 24 Sozialgesetzbuch (SGB) XIV erhalten Personen, die durch eine vorgeschriebene oder öffentlich empfohlene Impfung eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, die über das übliche Ausmaß einer Reaktion auf eine Schutzimpfung oder andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe hinausgeht (allgemeinsprachlich: Impfschaden), Leistungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht. Entsprechende Voraussetzungen / Kriterien sind in den §§ 4 und 24 SGB XIV festgelegt. Um diese Leistungen zu erhalten, muss nach § 113 Absatz 5 SGB XIV grundsätzlich ein Antrag auf Entschädigung jeweils bei dem Landesversorgungsamt des Bundeslandes gestellt werden, auf dessen Gebiet die Impfung durchgeführt wurde.
§ 5 SGB XIV regelt den Grad der Schädigungsfolge und legt fest, dass vorübergehende Gesundheitsstörungen von bis zu sechs Monaten nicht zu berücksichtigen sind.
Das Paul-Ehrlich-Institut ist für die Bearbeitung von Anträgen auf Leistungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht nicht zuständig.
Aktualisiert: 06.01.2025
Was ist die Melderate von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen?
Als Melderate bezeichnet man das Verhältnis der Anzahl gemeldeter Verdachtsfälle von Nebenwirkungen zur Anzahl der Anwendungen bzw. der verabreichten Dosen, beispielsweise eines Impfstoffs.
Die Melderate von Verdachtsfallmeldungen zu einem Arzneimittel wird häufig in Prozent (pro 100 Anwendungen bzw. verabreichten Dosen) oder in Promille (pro 1.000 Anwendungen bzw. verabreichten Dosen) angegeben.
Aktualisiert: 15.01.2025
Welche Bedeutung hat die Melderate im Spontanmeldesystem und was sagt sie über die Sicherheit eines Arzneimittels aus?
Die Melderate ist im Spontanmeldesystem eine wichtige Kennzahl, die genutzt wird, um Auffälligkeiten – sogenannte Signale – mit Hilfe der sogenannten Observed-versus-Expected-Analyse (OvE-Analyse) zu erkennen. Dabei wird die Häufigkeit der dem Paul-Ehrlich-Institut z. B. nach Impfung gemeldeten unerwünschten Ereignisse mit den statistisch zufälligen und zu erwartenden Häufigkeiten in einer vergleichbaren (nicht geimpften) Bevölkerung unter Berücksichtigung verschiedener Zeitfenster verglichen. Ergibt sich eine signifikant höhere Melderate für ein Ereignis nach Impfung, als es statistisch zufällig in einer vergleichbaren Population zu erwarten wäre, geht das Paul-Ehrlich-Institut von einem möglichen Risikosignal aus, das dann durch zusätzliche, zumeist epidemiologische Studien weiter untersucht werden sollte.
Die Melderate von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen erlaubt keine direkten Aussagen über die Sicherheit eines Arzneimittels. Sie kann aber in der Arzneimittelüberwachung als erster Indikator dienen, um Auffälligkeiten, wie z. B. bisher unbekannte mögliche Nebenwirkungen zu erkennen.
Wichtig zu wissen: Weder allein aus der Anzahl an Verdachtsfallmeldungen, die das Paul-Ehrlich-Institut im Rahmen des Spontanmeldesystems erhält, noch aus deren Melderaten kann auf die Häufigkeit von (bestätigten) Nebenwirkungen geschlossen werden.
Fallbeispiel zur Melderate im Spontanmeldesystem
Angenommen, es gibt zwei Impfstoffe: Impfstoff A und Impfstoff B.
- Impfstoff A wurde in einem Jahr eine Million Mal verabreicht und es gingen 100 Verdachtsmeldungen über Nebenwirkungen ein.
Melderate = 100 Meldungen pro 1.000.000 Anwendungen = 0,01 % - Impfstoff B wurde im selben Jahr nur 10.000 Mal verabreicht, aber es gingen ebenfalls 100 Verdachtsmeldungen über Nebenwirkungen ein.
Melderate = 100 Meldungen pro 10.000 Anwendungen = 1 %
Obwohl für beide Impfstoffe dieselbe absolute Anzahl an Verdachtsfallmeldungen eingegangen sind, weist Impfstoff B eine wesentlich höhere Melderate auf: 1 % gegenüber 0,01 %. Diese höhere Melderate könnte ein Signal sein, das darauf hinweist, dass die Nebenwirkungen beim Impfstoff B häufiger auftreten und genauer untersucht werden sollten.
Im Spontanmeldesystem kann die Melderate dabei helfen, Arzneimittel zu identifizieren, die möglicherweise ein erhöhtes Risiko für bestimmte Nebenwirkungen haben, sodass gezielt weitere Analysen und Untersuchungen von den Arzneimittelsicherheitsexpertinnen und -experten angestoßen werden können.
Aktualisiert: 15.01.2025
Welche Limitationen sind bei der Observed-versus-Expected-Analyse zu beachten?
Zu beachten ist, dass die Observed-versus-Expected-Analyse (OvE-Analyse) auf ein Risikosignal hinweist, wobei aber erst weitere Untersuchungen zeigen, ob tatsächlich ein Risiko vorliegt oder auch nicht. Eine OvE-Analyse eignet sich jedoch nicht für die Bestätigung eines Risikos. Ein Risikosignal, das z.B. durch eine OvE-Analyse ermittelt wurde, sollte durch zusätzliche Studien weiter untersucht werden (Guideline in good vigilance practices (GVP) Product- or Population-Specific Considerations I: Vaccines for prophylaxis against infectious diseases EMA/488220/2012 Corr*).
Unterschiedliche Angaben zu Hintergrundinzidenzen in der Literatur, fehlende Informationen bezüglich des Intervalls zwischen Impfung und Symptombeginn sowie der Exposition, Meldeverzug und etwas kürzere Nachbeobachtungszeiten für zuletzt verimpfte Dosen stellen Limitationen der OvE-Analyse dar. Zudem können Altersstratifizierungen nur soweit durchgeführt werden, wie Daten aus der Literatur zur Hintergrundinzidenz in einzelnen Altersgruppen vorhanden sind. Daher unterscheiden sich die einzelnen Analysen auch hinsichtlich der dargestellten Altersgruppen.
Aktualisiert: 16.04.2024