Paul-Ehrlich-Institut

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FAQ – Häufig gestellte Fragen: Zulassung

Wie verläuft die Entwicklung eines Impfstoffs gegen einen neuen Erreger?

Zunächst wird der Erreger analysiert und geprüft, auf welche Bestandteile des Erregers (z. B. Virus oder Bakterium) das Immunsystem des Menschen reagiert und einen Schutz (durch Antikörper und die zelluläre Immunantwort) aufbauen kann.

Danach folgt die Entwicklung des Impfstoffdesigns: Welche Impfstoff-Plattform ist geeignet und welche Zusatzstoffe werden benötigt?

Im Rahmen der pharmakologisch-toxikologischen Untersuchungen wird an Tieren die Immunogenität getestet, d. h. die Eigenschaft des Impfstoffs, eine spezifische Immunantwort gegen den Zielerreger zu erzeugen. Zudem werden mögliche toxikologische Eigenschaften, u. a. durch wiederholte Gabe einer erhöhten Impfstoffdosis (repeat-dose toxicity), die Verteilung von Impfstoffbestandteilen im Organismus, die Lokalreaktionen, potenziell schädliche Wirkungen auf Fruchtbarkeit und Embryonalentwicklung, die Entzündungsparameter nach Impfung, der Impfschutz und Hinweise auf Infektionsverstärkung untersucht.

Nach erfolgtem Nachweis, dass der Impfstoff für die Anwendung am Menschen zuverlässig und konsistent in geeigneter Qualität hergestellt werden kann, wird er in klinischen Prüfungen der Phase 1 bis Phase 3 an freiwilligen Studienteilnehmenden nach deren umfassender Aufklärung erprobt. Klinisch werden die Verträglichkeit, die Sicherheit und die Wirksamkeit des Impfstoffkandidaten geprüft. Liegen ausreichende Daten zur qualitätsgesicherten konsistenten Herstellung eines qualitativ hochwertigen Impfstoffprodukts sowie der präklinischen und klinischen Prüfungen vor, kann ein Zulassungsantrag gestellt werden.

Für die Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) wird das Bewertungsverfahren für COVID-19-Impfstoffe durch die Europäische Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) koordiniert. Die Impfstoffbewertung der EMA nehmen die Expertinnen und Experten der nationalen Arzneimittelbehörden der EU-Mitgliedstaaten und der EWR-Staaten im Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use ,CHMP) in Zusammenarbeit mit der Biologics Working Party (BWP) des CHMP sowie mit dem Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, PRAC) vor. Erfüllt der Impfstoff alle arzneimittelrechtlichen Bedingungen und ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis günstig, erfolgt eine positive Stellungnahme des CHMP mit Zulassungsempfehlung, auf deren Basis die Europäische Kommission die Zulassung erteilen kann. Das zugelassene Impfstoffprodukt kann nach Chargenprüfung durch das Paul-Ehrlich-Institut in Deutschland vermarktet und am Menschen angewendet werden.

Eine Empfehlung, welche Personengruppen zu welchen Zeitpunkten gegen eine Infektionskrankheit geimpft werden sollten, gibt in Deutschland die am Robert Koch-Institut (RKI) ansässige Ständige Impfkommission (STIKO), in der das Paul-Ehrlich-Institut als Gast vertreten ist.

Aktualisiert: 24.07.2024

Wer ist für die Bewertung und Überwachung der Impfstoffe (Impfstoffsicherheit) zuständig?

Für die Zulassung von Impfstoffen, d.h. die Bewertung der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit sowie die Pharmakovigilanz (Arzneimittelsicherheit) nach der Zulassung, ist in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut zuständig.

Die Ständige Impfkommission (STIKO), angesiedelt am Robert-Koch-Institut (RKI), erstellt auf der Grundlage der Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit der jeweiligen zugelassenen Impfstoffe die Impfempfehlungen, sodass Impfstoffe optimal eingesetzt werden können. Hierfür bezieht die STIKO die Bewertungen des Paul-Ehrlich-Institut zur Sicherheit von Impfstoffen mit ein.

Nach der Zulassung eines Impfstoffs werden kontinuierlich alle Meldungen mit Verdacht auf eine Nebenwirkung bzw. Impfkomplikation aus Deutschland vom Paul-Ehrlich-Institut erfasst und bewertet. Die Nebenwirkungsbeobachtung des Paul-Ehrlich-Instituts auf Basis eingehender Verdachtsfallmeldungen von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen dient der schnellen Erkennung neuer Risikosignale bei der Anwendung von Impfstoffen und anderen biomedizinischen Arzneimitteln. Mithilfe der Pharmakovigilanz kann das Paul-Ehrlich-Institut nicht nur neue Risikosignale schnell erkennen, sondern gegebenenfalls auch Maßnahmen zur Risikoreduktion ergreifen oder veranlassen. Dies geschieht sowohl national als auch auf europäischer Ebene.

Das Paul-Ehrlich-Institut veröffentlicht regelmäßig Sicherheitsberichte zu den gemeldeten Verdachtsfällen in Deutschland nach der Impfung gegen COVID-19.

Weitere Informationen

Sicherheitsberichte

Aktualisiert: 28.03.2024

Wie wird die Wirksamkeit eines Impfstoffs ermittelt?

Bei der zulassungsrelevanten klinischen Prüfung zur Sicherheit und Wirksamkeit eines Impfstoffkandidaten, normalerweise in Phase 3 oder Phase 2/3, werden die Studienteilnehmenden zufällig (randomisiert) einer von zwei Gruppen zugeordnet. Die eine Gruppe wird mit dem Impfstoffkandidaten geimpft (sog. Verumgruppe), der Kontrollgruppe wird ein Placebo oder ein anderer Impfstoff verabreicht. Dabei wird darauf geachtet, dass beide Gruppen vergleichbar zusammengesetzt sind (z. B. im Hinblick auf Alter, Geschlecht etc.) und ein vergleichbares Infektionsrisiko besteht. Das Auftreten einer laborbestätigten symptomatischen Infektion bzw. Erkrankung ab einem bestimmten Zeitpunkt nach Impfung wird dann in beiden Gruppen aktiv erfasst und die Häufigkeit wird verglichen. Eine daraus berechnete Wirksamkeit von z. B. 90 Prozent bedeutet, dass die Zahl der innerhalb einer bestimmten Zeit in der geimpften Gruppe aufgetretenen Infektionen bzw. Erkrankungen im Vergleich zu einer nichtgeimpften Kontrollgruppe um 90 Prozent reduziert waren (z. B. n = 10 vs. 100 Erkrankungen bei gleich großen Gruppen).

Aktualisiert: 12.08.2024

Was ist das zentralisierte Zulassungsverfahren?

Das zentralisierte Verfahren, das die Europäische Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) koordiniert, ist das Regelverfahren für die europäische Zulassung eines Arzneimittels.

Im zentralisierten Verfahren dauert die Bewertung eines Zulassungsantrages für ein neues Arzneimittel bis zu 210 Werktage. In dieser Zeit beurteilen die Arzneimittelexpertinnen und -experten der nationalen Arzneimittelbehörden der EU-Mitgliedstaaten bei der EMA die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen zur Qualität, zum Nachweis der Unbedenklichkeit, der Wirksamkeit und zum Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffkandidaten.

Dieser Zeitraum wird durch ein oder zwei Stopps – den sogenannten „Clock-Stops" – unterbrochen. Während eines Clock-Stops bereitet der Antragsteller seine Antworten auf die vom Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use, CHMP) gestellten Fragen vor. Die maximale Dauer eines Clock-Stops hängt davon ab, wie viel Zeit nach Ansicht des Antragstellers die Beantwortung der Fragen benötigen wird. Die Dauer muss vom CHMP genehmigt werden. In der Regel dauert der erste Clock-Stop drei bis sechs Monate, der zweite Clock-Stop ein bis drei Monate.

Insgesamt umfasst die Bewertung eines neuen Arzneimittels standardmäßig ungefähr ein Jahr.

Aktualisiert: 24.07.2024

Welche beschleunigten Zulassungsverfahren gibt es in der EU?

In Europa gibt es drei standardisierte Verfahren, die unter jeweils bestimmten Voraussetzungen eine frühzeitige Zulassung ermöglichen:

  • das beschleunigte Bewertungsverfahren (accelerated assessment)
  • die bedingte Zulassung (conditional marketing authorisation)
  • die Zulassung unter außergewöhnlichen Umständen (authorisation under exceptional circumstances).

Ergänzend zu diesen Verfahren können Arzneimittelentwickler an einem freiwilligen Programm zur Beschleunigung eines Zulassungsprozesses, dem PRIME-Verfahren der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA), teilnehmen.

Um die Zulassung von COVID-19-Impfstoffen in der Frühphase der Pandemie bestmöglich zu beschleunigen, wurde das Rolling-Review-Verfahren eingesetzt, das für solche pandemischen Gesundheitslagen vorgesehen ist.

Aktualisiert: 19.04.2024

Was ist ein beschleunigtes Bewertungsverfahren?

Im beschleunigten Bewertungsverfahren (accelerated assessment) wird die regulatorische Bewertungszeit von 210 Tagen auf 150 Tage verkürzt. Voraussetzung ist, dass die Europäische Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) dem Arzneimittelentwickler eine beschleunigte Beurteilung gewährt.

Dieses Verfahren ist bei Arzneimitteln möglich, die von großem Interesse für die Allgemeinheit (Public Health) sind, z. B. weil sie auf eine Erkrankung abzielen, für die es bisher noch keine Behandlungsmöglichkeit gibt und ein besonderer medizinischer Bedarf besteht, der nicht gedeckt ist (unmet medical need).

Aktualisiert: 28.03.2024

Was ist eine bedingte Zulassung?

Eine bedingte Zulassung ist eine Zulassung, die an Auflagen geknüpft ist. Sie kann im Interesse der Allgemeinheit für ein Arzneimittel erteilt werden,

  • wenn der Vorteil der sofortigen Verfügbarkeit des Arzneimittels das Risiko weniger umfangreicher Daten als normalerweise erforderlich überwiegt;
  • wenn es um die Behandlung oder Vorbeugung einer lebensbedrohlichen Krankheit geht. Dazu gehören auch Arzneimittel für seltene Krankheiten;
  • wenn der CHMP feststellt, dass alle folgenden Anforderungen erfüllt sind:

    • Eine positive Nutzen-Risiko-Bilanz des Produkts, d.h. der Nutzen für die öffentliche Gesundheit durch die sofortige Verfügbarkeit des Arzneimittels auf dem Markt überwiegt die Risiken, die aufgrund der vorgesehenen Nachreichung weiterer Daten bestehen.
    • Der Antragsteller legt umfassende Daten zu einem späteren Zeitpunkt vor.
    • Ein ungedeckter medizinischer Bedarf wird erfüllt.

Bedingte Zulassungen sind ein Jahr lang gültig und können jährlich erneuert werden. Sie können in eine Vollzulassung übergehen.

Vom Zulassungsinhaber wird verlangt, dass er bestimmte Verpflichtungen (laufende oder neue Studien und in einigen Fällen zusätzliche Aktivitäten) in der vorgegebenen Zeit erfüllt, um umfassende Daten vorlegen zu können, die bestätigen, dass die Nutzen-Risiko-Bilanz weiterhin positiv ist.

Sobald alle Verpflichtungen abschließend erfüllt sind und damit noch umfassendere Daten über das Arzneimittelprodukt vorliegen, wird die Zulassung in eine normale Zulassung mit unbegrenzter Gültigkeit umgewandelt werden, die keinen spezifischen Verpflichtungen unterliegt. Diese ist zunächst für fünf Jahre gültig, kann aber für eine unbegrenzte Gültigkeit verlängert werden.

Aktualisiert: 28.03.2024

Was ist eine Zulassung unter außergewöhnlichen Umständen?

In sehr seltenen Fällen kann eine sogenannte Zulassung unter außergewöhnlichen Umständen erfolgen. Dabei gehen die Europäische Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) und die Europäische Kommission als die zulassende Behörde davon aus, dass die üblicherweise erforderlichen umfassenden klinischen Daten nicht vorgelegt werden können, aber bei einem hohen medizinischen Bedarf die begründete Annahme besteht, dass ein Arzneimittel Patientinnen und Patienten helfen kann.

Wenn sich die üblicherweise erforderlichen klinischen Daten für eine bestimmte Therapieoption oder ein bestimmtes Arzneimittel nicht generieren lassen, wäre es nicht im Interesse der betroffenen Patientinnen und Patienten, formal auf der Erfüllung zu bestehen. Dies kann dann der Fall sein, wenn eine Krankheit sehr selten ist (orphan disease) oder ethische Bedenken gegen bestimmte Studien in der Therapiesituation bestehen.

Diese Form der Zulassung ist an besonders strenge Auflagen geknüpft: Die Zulassung wird jährlich überprüft und in der Regel nicht in eine Standard-Zulassung umgewandelt. Fast alle betroffenen Arzneimittel sind Arzneimittel für seltene Leiden (orphan drugs).

Aktualisiert: 16.04.2024

Wie unterscheidet sich eine bedingte Zulassung von der Zulassung unter außergewöhnlichen Umständen?

Die bedingte Zulassung erfolgt unter der Voraussetzung, dass der Antragstellende erforderliche umfassende Daten innerhalb eines vereinbarten Zeitrahmens zur Verfügung stellen wird.

Die Zulassung unter außergewöhnlichen Umständen wird erteilt, wenn es unwahrscheinlich ist, dass die üblicherweise erforderlichen umfassenden Daten erhoben werden können. Dies gilt z.B. für sehr seltene Erkrankungen (orphan disease). Dieser Genehmigungsweg führt normalerweise nicht zu einer Standardzulassung.

Aktualisiert: 28.03.2024

Was ist eine Typ-II-Änderung (type-II variation)?

Die Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 der Europäischen Kommission ("Änderungsverordnung") definiert eine größere Änderung einer Zulassung als Typ-II-Änderung (type-II variation), also als eine Änderung, die einen erheblichen Einfluss auf die Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit eines Arzneimittels haben kann.

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use, CHMP) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) hat die Federführung bei der Beurteilung der meisten Änderungen im Rahmen einer Typ-II-Änderung und spricht die Empfehlung für oder gegen die Genehmigung der Änderung aus.

Abhängig von der Art der Änderung des Arzneimittels sind für das Verfahren Untersuchungen zu Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit erforderlich.

Bei Typ-II-Änderungen, die die klinische Sicherheit betreffen, ist auch der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, PRAC) bei der EMA an dem Verfahren beteiligt.

Praxisbeispiel – mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19

Bei den ersten Typ-II-Variationen für die Impfstoffe Comirnaty und Spikevax wurden Untersuchungen zur Qualität, nichtklinische Untersuchungen zur Verträglichkeit und Immunogenität im geeigneten Tiermodell sowie in klinischen Prüfungen mit freiwilligen Studienteilnehmenden durchgeführt.

Die Immunogenität beschreibt die Fähigkeit eines Impfstoffs, eine spezifische Immunantwort auszulösen. Hierzu wurden die Blutspiegel (Titer) neutralisierender Antikörper u. a. gegen die SARS-CoV-2-Virusvarianten Wuhan sowie die Omikron-Subvariante BA.1 gemessen. Neutralisierende Antikörper können die Virusinfektion von Zellen verhindern oder vermindern. Gefordert wurde bei diesem Verfahren eine Überlegenheit der adaptierten Impfstoffe gegenüber der Omikron-Subvariante BA.1 im Vergleich zu den vorherigen Impfstoffen. Für die Überlegenheit mussten statistisch signifikant höhere Titer neutralisierender Antikörper gegen die Subvariante BA.1 nachgewiesen werden.

Diese Überlegenheit wurde in klinischen Prüfungen nachgewiesen.

Bei den nachfolgenden Typ-II-Variationen der beiden mRNA- Impfstoffe Comirnaty und Spikevax, die sowohl die mRNA des ursprünglichen Coronavirus (Wuhan) als auch die mRNA der Omikronvarianten BA.4-5 (identisches Spike-Protein) enthalten, wurden für die Bewertung auch die verfügbaren klinischen Daten der vorangegangenen Typ-II-Variationen berücksichtigt sowie Daten zur Qualität und zum Herstellungsprozess bewertet.

Aktualisiert: 24.07.2024

Warum können in besonderen Situationen wie der Coronavirus-Pandemie Impfstoffe sehr schnell zugelassen werden und zugleich sicher sein?

Die Entwicklung von Impfstoffen gegen neue Erreger ist ein komplexer und langwieriger Prozess, der meist mehrere Jahre beansprucht.

Vor der Zulassung muss ein Impfstoffkandidat alle Phasen der Arzneimittelentwicklung erfolgreich durchlaufen. Dies beginnt mit der Isolierung und Charakterisierung des Krankheitserregers und der Identifikation geeigneter Antigene. Denn Antigene sind die Bestandteile des Erregers, die einen Immunschutz hervorrufen sollen. Danach folgt die Entwicklung des Impfstoffkandidaten, die präklinischen Untersuchungen sowie die klinischen Prüfungen der Phase 1 (Immunogenität), Phase 2 (Verträglichkeit, Dosierung) und Phase 3 (statistisch signifikante Daten zu Unbedenklichkeit und Wirksamkeit). Damit ein Impfstoff eine Zulassung erhalten kann, muss seine Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit belegt werden. Zudem muss sein Nutzen gegenüber den Risiken deutlich überwiegen. Auch COVID-19-Impfstoffe werden nach diesem Prinzip entwickelt und zugelassen.

In der Pandemie wurden in Europa die COVID-19-Impfstoffe im zentralisierten Zulassungsverfahren bewertet, welches die Europäische Arzneimittelagentur EMA (European Medicines Agency) koordiniert. Der zuständige Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use, CHMP) bei der EMA, gibt im Falle einer positiven Bewertung eine Stellungnahme mit Zulassungsempfehlung an die Europäische Kommission ab. Die Europäische Kommission entscheidet über die Zulassung eines Impfstoffprodukts in Europa und damit auch in Deutschland. Nach einer Zulassung kann der Impfstoff in den EU-Mitgliedstaaten inklusive der EWR-Staaten vermarktet und allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt werden.

Die Corona-Pandemie stellte die moderne Welt vor noch nie dagewesene Herausforderungen – wirtschaftlich, sozial und gesundheitlich. Die wirksamste Möglichkeit, die Pandemie einzudämmen und sich selbst vor COVID-19 zu schützen, waren die Impfstoffe. Diese Erkenntnis hat alle an der Impfstoffentwicklung beteiligten Expertinnen und Experten bewogen, die Zusammenarbeit enger und die Prozesse effizienter zu gestalten, ohne Abstriche bei der Sorgfalt zu machen. Dies hat auch zu deutlichen Optimierungen der Verfahrensabläufe und einem Zeitgewinn bei der Entwicklung geführt.

#1 Zeitgewinn durch Wissenschaftliche Beratung

Impfstoffentwickler profitieren von frühen und kontinuierlichen wissenschaftlich-regulatorischen Beratungen durch die Arzneimittelbehörden. Der sogenannte Scientific Advice zunächst auf nationaler, bei fortgeschrittener Entwicklung auf europäischer Ebene, bereitet die pharmazeutischen Unternehmer auf die bei der Entwicklung zu beachtenden regulatorischen Vorgaben und die inhaltlichen Anforderungen der Antragstellung zur Genehmigung klinischer Prüfungen, zur Zulassung und zur Chargenfreigabe vor und er ermöglicht einen reibungslosen Einreichungsprozess ohne zeitliche Verzögerungen.

#2 Zeitgewinn durch Rolling Review

Ein Rolling-Review-Verfahren für die Zulassung erlaubt dem Impfstoffhersteller, frühzeitig – noch während die klinische Phase-3-Prüfung läuft - einzelne Datenpakete zur Vorab-Bewertung für die Zulassung vorzulegen und Fragen, die sich während der regulatorischen Antragsbewertung stellen, zu beantworten. So können Teile des Antragsdossiers bereits vor der eigentlichen Antragstellung geprüft, verbessert und bewertet werden. Wenn alle erforderlichen Unterlagen für die Zulassung eingereicht wurden und damit der Zulassungsantrag gestellt wird, nimmt die Bearbeitung deutlich weniger Zeit in Anspruch. Der Bewertungsprozess startet somit deutlich früher. Das Rolling-Review-Verfahren geht dem Zulassungsantrag mit der Einreichung der vollständigen Datenpakete voraus.

Auch für die Genehmigung klinischer Prüfungen hat das Paul-Ehrlich-Institut das Rolling-Review-Verfahren eingesetzt.

#3 Zeitgewinn durch Kombination von klinischen Prüfungsphasen

Klinische Prüfungen, die häufig nacheinander stattfinden, werden kombiniert, beispielsweise Phase 1 mit Phase 2 oder Phase 2 mit Phase 3. So können organisatorische Prozesse, beispielsweise die Rekrutierung der Probandinnen und Probanden für zwei Phasen der klinischen Prüfung, in einem Vorgang gebündelt werden. Zudem können die notwendigen Untersuchungen gebündelt werden.

#4 Zeitgewinn durch Forschungswissen zu Coronaviren

Bei der Entwicklung eines COVID-19-Impfstoffs konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Forschungsvorarbeiten zu anderen Coronaviren und entsprechenden Impfstoffentwicklungen, beispielsweise zu SARS-Coronavirus von 2003 und MERS-Coronaviren, aufbauen. Diese dem SARS-CoV-2 ähnlichen Coronaviren waren Auslöser der SARS-Epidemie 2002/2003 und der MERS (Middle-East-Respiratory-Syndrom)-Epidemie in 2012.

Aktualisiert: 19.04.2024